Apotheken-CBD: Aus der Rezeptur in die Telemedizin Tobias Lau, 10.03.2021 09:00 Uhr
Der Telemedizin-Anbieter Algea Care hat sich eine Nische mit Wachstumsperspektive gesucht: Da bundesweit nach wie vor nicht genug Ärzte Expertise in der Cannabistherapie haben, bietet er sie per Videosprechstunde an. Nun hat er sein Portfolio erweitert. Neben Chronikern und Schmerzpatienten sollen jetzt auch Menschen mit psychischen Beschwerden Hilfe finden. Algea Care setzt dazu auf CBD-Kapseln, die von Partnerapotheken hergestellt werden.
Das Timing für das neue Angebot ist naheliegend: Seit Monaten warnen Experten davor, dass Lockdown, Kontaktbeschränkungen und nicht selten auch die schwierige wirtschaftliche Lage zu einem Anstieg psychischer Leiden führen. Insbesondere Depressionen, Angst- und Schlafstörungen haben mehreren Studien zufolge messbar zugenommen. Hier will Algea Care nun mit seiner CBD-Therapie ansetzen. „Es geht jetzt darum die Scherben der Pandemie aufzusammeln. Corona Ansteckungen sind das eine, die Folgeschäden einer Infektion und der Lockdown Maßnahmen das andere. Die Folgen für die psychische Gesundheit werden noch mehrere Jahre spürbar sein“, sagt Firmen-Mitgründerin Anna-Sophia Kouparanis.
Mittel der Wahl sind deshalb Kapseln mit 25, 50 oder 100 Milligramm 99-prozentigem CBD-Isolat. Die Algea-Ärzte passen die Dosierung individuell an die Behandlungsverläufe der Patienten an – rund 90 Prozent von ihnen nehmen nach Unternehmensangaben alle vier Wochen einen Folgetermin wahr. „Aus medizinischer und pharmazeutischer Sicht macht eine Therapie mit den frei verkäuflichen CBD-Ölen keinen Sinn, wenn wir die aktuelle Studienlage zugrunde legen. Beispielsweise verweist die Stiftung Warentest ganz aktuell auf die hohen Qualitätsschwankungen der CBD-Produkte im freien Handel. Zudem ist die Dosis zu niedrig, um zuverlässig eine Symptomlinderung zu erzielen“, erklärt Algea-Mitgründer und -Geschäftsführer Dr. Julian Wichmann, selbst ausgebildeter Mediziner. „Die Ärzte von Algea Care verschreiben daher ausschließlich hoch dosierte nach EU GMP produzierte CBD-Präparate aus der Apotheke.“
Dabei handele es sich um mehrere Apotheken mit Versanderlaubnis, die die Kapseln in der Rezeptur herstellen und dann den Patienten zusenden. Um welche Apotheken genau es sich handelt, verrät Algea auf Anfrage nicht. „Mit diesem medizinischen Ansatz und auch der hohen Dosierung unterscheiden wir uns klar von Produkten, die online oder in der Drogerie verfügbar sind. Unsere CBD-Therapie entspricht pharmazeutischen Standards gemäß EU-GMP und wird von geschultem medizinischem Personal begleitet“, erklärt Kouparanis.
Bei den CBD-Kapseln handele es sich um kein Fertigarzneimittel, weshalb auch keine Zulassung erforderlich sei. Die Apotheken stellen die Kapseln demnach gemäß der Arzneimittel-und Wirkstoffherstellungsverordnung (AMWHV) her. „Das CBD-Isolat beziehen die Apotheken von einem Großhändler, der Qualität und Preis garantieren kann“, sagt Kouparanis. „Wir arbeiten mit mehreren Apotheken zusammen. Dabei handelt es sich ausschließlich um Versandapotheken mit entsprechend hohen Qualitätsstandards. Unsere Patienten profitieren dadurch von Preisvorteilen im Vergleich zu stationären Apotheken und auch einem besseren Service.“
Die Verordnungen kommen dabei nicht als E-Rezept – das sei nämlich aus Unternehmenssicht noch zu unzuverlässig. Das Rezept stellt Algea Care dem Patienten vorab in gescannter Form zu, damit er unmittelbar in der Apotheke die verschriebenen Kapseln bestellen kann. Das Original-Rezept stellt Algea Care der vom Patienten gewählten Apotheke zu. „Auf ausdrücklichen Wunsch unserer Patienten übermitteln wir das Rezept unmittelbar an die Apotheke“, so Kouparanis.
Da die verschreibungspflichtigen Kapseln nicht unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, sei ein vorheriger persönlicher Besuch in der Praxis nicht zwingend erforderlich. Der Erstkontakt findet per Videogespräch mit dem behandelnden Arzt statt, der prüft, ob ein Rezept für den Patienten in Frage kommt. „Wir ergänzen hier gezielt das Behandlungsspektrum für Patienten, um eine noch besser auf den Patienten und seine Lebensumstände angepasste natürliche Therapie anbieten zu können. Cannabis kann eine wichtige Rolle bei der Verbesserung der psychischen Gesundheit unserer Gesellschaft einnehmen und wird uns helfen, mit den Folgen der Pandemie umgehen zu können“, so Wichmann. Er spricht jedoch explizit von den Folgen, nicht der Pandemie selbst: Vor der vereinzelt kolportierten Anwendung von Cannabis oder CBD bei der Therapie von Covid-19 warnt Wichmann: „Positive Effekte sind möglich, aber noch nicht belegt. Von daher kann CBD ergänzend in Betracht gezogen werden – es schadet in keinem Fall. Allerdings sollten sich Patienten bei akuter Covid-19-Erkrankung nicht nur auf cannabinoide Medikamente verlassen. Diesbezüglich kursiert auch viel Unfug.“