Mit Ende 20 schon eine eigene Apotheke und ein mehrköpfiges Team führen – solche Geschichten nötigen den Kollegen immer wieder aufs Neue Respekt ab. Nicht weniger mutig sind aber Apotheker, die jenseits der 50 den Schritt in die Selbstständigkeit wagen. Und das sind vor allem Frauen, wie die Statistik der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (Apobank) zeigt.
Unter dem Strich ist das beliebteste Gründungsalter in der Spanne zwischen 30 und 34 Jahren. Vor allem Männer wagen in dieser Lebensphase und mit ersten Jahren Berufserfahrung den Sprung in die Selbstständigkeit: 41 Prozent gründen laut Apobank-Zahlen in diesem Alter erstmals eine Apotheke, weitere 14 Prozent sogar vor ihrem 30. Geburtstag. Insgesamt lag der Altersdurchschnitt der Männer im vergangenen Jahr bei 35,7 Jahren.
Die Existenzgründerinnen sind mit 39,6 Jahren im Durchschnitt etwas älter: 6 Prozent haben unter 30 ihre eigene Apotheke, 22 Prozent zwischen 30 und 34. Doch in der Altersstufe danach liegen die Frauen mit 28 Prozent vor den männlichen Kollegen (18 Prozent). Das gleicht sich in den Jahren danach wieder an, zwischen 45 und 49 Jahren gründen 11 beziehungsweise 10 Prozent der Frauen und Männer eine Apotheke.
Doch in der Folge gibt es in der Apobank-Statistik einen signifikanten Ausreißer: Jenseits der 50 fanden 2016 nur noch 2 Prozent Existenzgründer unter den Männern. Bei den Frauen waren es 15 Prozent. Was hinter diesem Phänomen steht, geht aus den Zahlen nicht hervor. Bei anderen Berufsgruppen sehen die Experten aus Düsseldorf dieses Phänomen nicht. Relativ häufig dürfte es folgende Konstellation geben: Eine Apothekerin hat jahrelang als angestellte Approbierte in einer Apotheke gearbeitet – wegen eigener Kinder möglicherweise sogar in Teilzeit. Irgendwann geht der Chef oder die Chefin in Rente und sucht einen Nachfolger.
„Es mag zunächst verwundern, dass knapp jede siebte Existenzgründerin bei ihrer Niederlassung 50 Jahre oder älter ist“, sagt Daniel Zehnich, Bereichsleiter Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik der Apobank. „Doch nicht selten sind es langjährige, häufig leitende Mitarbeiterinnen, die mit den Betriebsabläufen bestens vertraut sind und bereits unternehmerische Aufgaben wahrnehmen. Und wenn die Apotheke irgendwann mal zum Verkauf steht, dann bedeutet die Übernahme in vielen Fällen einerseits Existenzsicherung, andererseits aber auch einen beruflichen Karrieresprung. Eine eigene Apotheke ist schließlich eine spannende Herausforderung, die mehr Selbstbestimmung, Flexibilität und Gestaltungsspielraum mit sich bringt.“
Insgesamt steigt der Frauenanteil unter den Existenzgründern an: Schon 2014 haben mit 54 Prozent mehr Frauen erstmals eine Apotheke geöffnet als Männer (46 Prozent). Im folgenden Jahr war das Verhältnis bei 55:45. Und 2016 hat sich dieser Trend laut Apobank fortgesetzt: 58 Prozent Neugründerinnen gegenüber 42 Prozent männlichen Kollegen in ihrer ersten eigenen Apotheke.
Die Geschlechter unterscheiden sich in einem weiteren Punkt deutlich voneinander. Während die Apothekerin offenbar am liebsten in ihrer Apotheke und nur da ist, übernehmen die Männer die Expansion. Fast drei von vier der neuen Filialen wurden 2016 von Männern gegründet. Apothekerinnen waren nur für 27 Prozent der Filialen verantwortlich. Das sah 2014 noch ganz anders aus, als Männer mit 54:45 Prozent nur leicht die Nase vorn hatten. Der Trend hatte sich allerdings 2015 schon abgezeichnet (67:33 Prozent).
Auffällig ist auch: Frauen zahlen weniger als Männer – im Durchschnitt 628.000 statt 493.000 Euro pro Einzel- beziehungsweise Hauptapotheke. Das hängt nicht zwangsläufig damit zusammen, dass sie sich kleinere Betriebsstätten entscheiden: Während Männer 11 Prozent mehr ins Warenlager investieren, liegt der Unterschied beim ideellen Wert bei 37 Prozent. Für materielle Werte zahlen männliche Apotheker 24 Prozent mehr, für Anschaffungen und Modernisierungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Übernahme 12 Prozent.
Allerdings steigt die Investitionsbereitschaft bei Frauen. 2014 zahlten Apothekerinnen bei der Existenzgründung im Durchschnitt noch 400.000 Euro, innerhalb von zwei Jahren stieg dieser Wert um 23 Prozent. Damit investieren Frauen im Schnitt zwar weiterhin zurückhaltender als ihre männlichen Kollegen, doch da deren durchschnittliche Investitionen in den letzten Jahren konstant geblieben sind, werden die Unterschiede allmählich kleiner.
„Wir beobachten auch in anderen Heilberufsgruppen, dass Frauen oftmals mit geringeren Gesamtinvestitionen den Weg in die Selbständigkeit antreten“, so Zehnich. „Dies hängt primär mit dem gezahlten Übernahmepreis zusammen. Männer entrichten häufig höhere Kaufpreise als Frauen, übernehmen dementsprechend aber auch größere und umsatzstärkere Praxen beziehungsweise Apotheken.“
Generell gilt, dass die Kaufpreise mit zunehmendem Alter abnehmen. In der Gruppe bis 34 Jahre werden 611.000 Euro gezahlt, in der Gruppe bis 44 Jahre sind es 537.000 Euro. Wer 45 Jahre und älter ist, zahlt im Schnitt nur 481.000 Euro.
APOTHEKE ADHOC Debatte