Apothekenkosmetik

Eucerin darf Therapie begleiten

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Berlin -

Kosmetik, die in der Apotheke verkauft wird, wirkt oft höherwertig als Konkurrenzprodukte auf dem Drogerie- oder Supermarkt. Das liegt auch daran, dass die Hersteller gerne positive Effekte auf dermatologische Erkrankungen ausloben. Damit segeln sie hart am Wind: zwischen nicht zugelassener oder irreführender Werbeaussage. Der Wettbewerbsverein Integritas ging zuletzt gegen „Atopicontrol“ von Beiersdorf vor. Das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) kam jedoch zu dem Ergebnis, dass zur Behandlung von Hauterkrankungen neben Arzneimitteln unter Umständen auch Kosmetika geeignet sind – und dass diese dann auch mit entsprechenden Hinweisen beworben werden dürfen.

Integritas hatte Beiersdorf im vergangenen Dezember wegen Atopicontrol abgemahnt. Neben der Marke, die allzu sehr an das Krankheitsbild des atopischen Ekzems angelehnt sei, wurden verschiedene werbliche Aussagen angegriffen. Diesbezüglich einigten sich die Parteien per Vergleich; nach dem Landgericht Hamburg (LG) hatte sich das OLG daher nur noch mit der Dachmarke zu beschäftigen.

Den Richtern zufolge nimmt Beiersdorf in der Vermarktung der Atopicontrol-Produkte zwar Bezug auf die Erkrankung und deren Symptome. „Therapiebegleitend bei Neurodermitis“, heißt es etwa beim Anti-Juckreiz-Spray, „Ergebnis: Bei einem akuten Neurodermitis-Schub werden gereizte Haut pflegend beruhigt und Rötungen gelindert. Der Juckreiz wird reduziert“, bei der Akut-Creme.

Deswegen gelangten Verbraucher aber noch lange nicht zu der Auffassung, dass es sich um Arzneimittel handele. Zur Behandlung von Neurodermitis gehöre nicht nur in eine medikamentöse Therapie, sondern auch eine Basispflege mit Kosmetika beziehungsweise eine therapiebegleitende Hautpflege mit Kosmetika, heißt es im Urteil.

Mit dem Zusatz „Medizinische Hautpflege“ werde gerade der Bereich der Hautpflege ausdrücklich angesprochen. Die Nennung der Wirkstoffe Licochalcone A (Extrakt aus der Süßholzwurzel) beziehungsweise Polidocanol auf dem Anti-Juckreiz-Spray sei ebenfalls nicht irreführend: „Beide Inhaltsstoffe dürfen in Kosmetika verwendet werden und werden dort auch tatsächlich verwendet. Daher schließt der angesprochene Verkehr nicht bereits aus der Verwendung dieser beiden Inhaltsstoffe auf die Arzneimitteleigenschaft der Produkte.“

Der Umstand, dass die Produkte exklusiv über Apotheken vertrieben werden, vermag den Richtern zufolge die Arzneimitteleigenschaft ebenfalls nicht zu belegen: „Denn in Apotheken werden neben Arzneimitteln regelmäßig auch Kosmetika angeboten.“ Dass andere Hersteller ihre Produktnamen nicht so deutlich an ein Krankheitsbild anlehnen beziehungsweise deutlicher darauf hinweisen, dass es sich um Hautpflegemittel handelt, sei irrelevant, heißt es im Urteil weiter.

Integritas hatte nach der Niederlage in der ersten Instanz vor dem OLG noch versucht, mit einer bei GfK in Auftrag gegebenen Befragung nachzuweisen, dass Verbraucher bei Atopicontrol an ein Arzneimittel denken, dass der Linderung oder Heilung der Erkrankung dient. Doch genauso wie Beiersdorf sahen die Richter methodische Mängel: Da den Probanden die komplette Verpackung mit allen zusätzlichen Informationen gezeigt wurde, war bei den kritischen Fällen kein Rückschluss auf die Marke möglich.

Außerdem seien die vorgegeben Antwortmöglichkeiten allesamt krankheits- und nicht pflegebezogen und die Umfrage damit insgesamt nicht neutral gewesen. Und schließlich deuteten die Ergebnisse eher darauf hin, dass selbst Neurodermitiker mit dem Fachbegriff „atopisches Ekzem“ nichts anzufangen wüssten.

Produkte, die durch ihre Bezeichnung oder Aufmachung beim durchschnittlich informierten Verbraucher den Eindruck erwecken, dass sie zur Heilung oder Verhütung menschlicher Krankheiten bestimmt sind, sind laut Arzneimittelgesetz (AMG) als Präsentationsationsarzneimittel einzustufen, das dann bis zur Zulassung oder Registrierung nicht verkehrsfähig einzustufen ist.

Atopicontrol ist seit Oktober 2013 auf dem Markt. Zu der Serie, die die Produktlinie „Omega“ abgelöst hat, gehören derzeit sechs Produkte. Im Gesamtmarkt der Apothekenkosmetik, der insgesamt stark fragmentiert ist, hat sich im vergangenen Jahr erstmals Eucerin an die Spitze gesetzt. Weil die Umsätze nur um 1,7 Prozent auf 134 Millionen Euro rückläufig waren, L'Oréal sich bei Vichy aber mit 4 Prozent weniger zufrieden geben musste (132 Millionen Euro), zog die Beiersdorf-Marke vorbei. In den jeweiligen Teilsegmenten haben die Hamburger aber seit Jahren die Nase vorn.

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