Generikahersteller

Apogepha: Aus für das Dresdner Werk

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Berlin -

Apogepha muss sein Werk in Dresden-Lockwitz schließen. Alle Versuche, den Produktionsstandort durch einen Verkauf zu retten, sind gescheitert. 77 Mitarbeiter vor Ort blicken nun in eine ungewisse Zukunft. Doch das Unternehmen schaut zuversichtlich nach vorn.

Fünf Monate lang hatte das sächsische Traditionsunternehmen versucht, einen Käufer für das Werk zu finden. Noch im November war die Rede von guten Chancen, dass man die moderne Anlage veräußern kann. Vergangenen Freitag, kurz vor Feierabend, musste die Geschäftsführung den Mitarbeitern dann aber reinen Wein einschenken: Das Werk wird zum 31. Dezember geschlossen. „Bei den Mitarbeitern herrschte daraufhin betretenes Schweigen”, erzählt Kommunikationschefin Steffi Liebig. „Sie hatten große Hoffnungen, dass es klappt mit dem Verkauf, denn sie haben natürlich mitbekommen, dass wir ständig Interessenten durch die Hallen geführt haben. Umso größer war dann die Enttäuschung.”

Um wen es sich bei den Interessenten handelte, darf Liebig nicht sagen. Es seien aber ernsthafte Verhandlungen gewesen. „Ich hatte nicht das Gefühl, dass da nur oberflächlich geschaut wurde.” Besonders bitter sei, dass Apogepha erst 2015 noch einmal 1,2 Millionen Euro in den Ausbau des Werkes investiert hatte, um es für die Lohnherstellung fit zu machen und so die freien Kapazitäten zu füllen. „Daran sieht man, dass wir selbst bis zuletzt an dem Standort festgehalten haben. Leider hat sich dieses Projekt aber nicht so entwickelt, wie wir uns das gewünscht haben.”

Insgesamt 77 Mitarbeiter sind in unterschiedlichem Maße von der Schließung betroffen. Für 64 von ihnen bedeutet sie das Ende des Arbeitsverhältnisses: 49 müssen gekündigt werden, allerdings sind neun bereits kurz vor dem Rentenalter. Im Rahmen eines Sozialplans, den Betriebsrat und Geschäftsführung verhandelt haben, werden für sie individuelle Vorruhestandsregelungen getroffen. Alle haben von der Geschäftsführung eine Beschäftigungsgarantie bis Ende des Jahres erhalten.

15 weitere Beschäftigte haben befristete Verträge, die man nun auslaufen lässt. Für 13 Mitarbeiter geht die Schließung glimpflich aus, sie können in den Hauptsitz in der Dresdner Kyffhäuserstraße wechseln. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Mitarbeiter aus dem Qualitäts- und Liefermanagement: „Die brauchen wir ja nach wie vor“, so Liebig. Insgesamt hat Apogepha momentan 207 Mitarbeiter, ab nächstem Jahr werden es voraussichtlich um die 140 sein. Was aus dem Werk selbst – also der Immobilie und den darin befindlichen Anlagen – wird, steht noch nicht fest. Es wird Aufgabe der Geschäftsführung sein, in den nächsten Monaten nach Lösungen zu suchen. Die Produktion werde jedoch trotz der Werksschließung auch über das laufende Jahr hinaus ohne Unterbrechung weitergehen, versichert das Unternehmen. „Der Kunde wird davon gar nichts mitkriegen”, so Liebig.

Bisher wird in den Anlagen das wichtigste Produkt des Familienunternehmens hergestellt, das Urologikum Mictonorm. Die Anlage war Mitte der 90er-Jahre für damals 27 Millionen D-Mark errichtet worden und erst 2011 bis 2013 für 10 Millionen Euro ausgebaut worden. Gegen Jahresende wird die Produktion nun strukturiert heruntergefahren, die Produktfertigung wird aber bereits in den kommenden Monaten sukzessive an mehrere Lohnhersteller transferiert. „Das wird eine Kraftanstrengung, das im Laufe des Jahres nahtlos umzustellen”, sagt Liebig. Um wen genau es sich dabei handelt, darf noch nicht gesagt werden, „aber es handelt sich ausschließlich um deutsche Hersteller”. Je nach Darreichungsform und Zielmarkt der Produkte werde es sich um andere Hersteller handeln, da ja auch die Anforderungen unterschiedlich sind.

Trotz des Tiefschlags zeigt sich Apogepha zuversichtlich. Denn die Entwicklung der Geschäftszahlen war zuletzt trotz eines Verlustes von 2 Millionen Euro im Jahr 2016 gar nicht so schlecht. Zwar könne man noch nichts über das Ergebnis von 2017 sagen, aber beim Umsatz konnte der Urologiespezialist ansehnliche Zahlen vorlegen: Der ist von 34,7 auf knapp über 40 Millionen Euro gestiegen. Haupttreiber sei dabei vor allem das internationale Geschäft sowie der Rx-Vertrieb in Deutschland gewesen. „So gesehen sind wir auf dem richtigen Weg und haben auch für die nächsten Jahre weiteres Wachstum geplant.“

Mit dem eigenen Werk hätte sich das aber nicht realisieren lassen. Die gesundheitspolitischen Entwicklungen machten das unmöglich: „Wir sind als Spezialist in kleinen Märkten unterwegs. Im Ausschreibungsgeschäft ist eine Produktion unter den hiesigen Bedingungen deshalb nicht rentabel genug.” Durch das AMNOG und das daraus resultierende Preismoratorium könnten die Unternehmen die Preise nicht mehr selbst bestimmen; bei den Rabattverträgen mit den Krankenkassen hätten kleinere Unternehmen jedoch häufig das Nachsehen gegenüber großen Konzernen. Den Generikamarkt habe man deshalb schon aufgegeben.

Die Internationalisierung des Geschäfts und ein stärkerer Fokus auf OTC-Produkte sind deshalb neben der Spezialisierung die Säulen der Unternehmensstrategie, die jetzt konsequent weiterverfolgt werden soll. Insbesondere Marketing, Entwicklung und Vertrieb werde man deshalb in Zukunft stärken. Und auch in dem im vergangenen Jahr eröffneten Kölner Büro von Apogepha unter der Leitung des ehemaligen Klosterfrau-Marketingleiters Guido Paetsch werde „demnächst viel passieren“, verspricht Liebig.

Apogepha hat eine bewegte deutsche Geschichte: Das Unternehmen wurde vom Chemiker und Apotheker Dr. Johannes Starke aus der Insolvenzmasse einer Apothekergenossenschaft aufgebaut. 1882 gegründet, ging die Firma 1933 in den Besitz der heutigen Inhaber über. Nach Kriegsende steigerte das Unternehmen seine Produktions schrittweise wieder und konnte als Privatbetrieb im Sozialismus in der neu gegründeten DDR weiter existieren. Zunehmen von der Regierung gegängelt, wurde Apogepha schließlich 1972 enteignet und verstaatlicht. Mictonorm, die wichtigste Eigenentwicklung des Familienbetriebs, wurde bereits Anfang der 80er Jahre auch im kapitalistischen Ausland lizenziert. Erst 1991 wurde das Unternehmen an die Familie zurück übertragen. Im Jahr 2000 übernahm Henriette Starke als Geschäftsführende Gesellschafterin, seit 2011 ist Bauer ebenfalls als Geschäftsführer an Bord.

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