Apobank: Die Strategie hinter den Strafzinsen Alexander Müller, 22.04.2022 11:00 Uhr
Die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (Apobank) hatte ihre Kund:innen lange mit Strafzinsen verschont. Doch jetzt schreibt die Genossenschaftsbank an alle Inhaber eines Tagesgeldkontos, dass an der Einführung eines Verwahrentgelts kein Weg mehr vorbeiführt: 0,5 Prozent bei einem Freibetrag von 100.000 Euro. Der Zeitpunkt ist überraschend und deutet darauf hin, dass es sich um eine strategische Maßnahme handelt.
Als Ursache nennt die Apobank die anhaltende Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Bereits seit 2014 müsse man dort selbst Negativzinsen zahlen. Umso überraschender ist der plötzliche Sinneswandel bei der Apobank. Denn aktuell deuten die Zeichen in die andere Richtung. Die US-Zentralbank und die Bank of England haben ihren Leitzins bereits erhöht, von der EZB wird dieser Schritt ebenfalls erwartet. Weil für den Euroraum aber noch kein konkreter Termin für die Beendigung der Negativzinspolitik steht, tritt die Apobank jetzt erneut an die Kunden heran.
Mit einigen Apotheken und Ärzten mit besonders hohen Beträgen auf dem Girokonto wurden schon Ende vergangenen Jahres entsprechende Vereinbarungen geschlossen. Die aktuellen Konditionen sehen einen Strafzins von 0,5 Prozent vor. Für ein Konto können die Apotheken einen Freibetrag von 100.000 Euro wählen, für jedes weitere Girokonto nur 10.000 Euro.
Die Maßnahme soll nur auf Zeit getroffen werden: „Sobald die EZB auf Negativzinsen verzichtet, entfallen die Verwahrentgelte“, lautet das Versprechen der Apobank. Ob jede Reduzierung der EZB unmittelbar an die Kund:innen weitergegeben wird, geht aus dem Schreiben nicht hervor, eines ist laut Apobank aber klar: Sollten die Strafzinsen der EZB wider Erwarten steigen, so dass die Apobank ihrerseits das Verwahrentgelt erhöhen müsste, sei dies nur nach erneuter Zustimmung der Kund:innen möglich.
Damit rechnet aber aktuell niemand, weshalb die Maßnahme an sich hinterfragt wird. Beobachter gehen davon aus, dass spätestens Ende des Jahres ohnehin Schluss ist mit Negativzinsen – die Apobank sich den Aufwand also eigentlich auch sparen könnte. Möglicherweise geht es den Düsseldorfern also eher darum, das eigene Depotgeschäft voranzutreiben.
Tatsächlich deuten die Ausführungen aus Düsseldorf eine solche Strategie an: Zu Kündigungen, weil sich Apotheken weigern, das Verwahrentgelt zu zahlen, habe es bisher nicht kommen müssen und „wir gehen davon aus, mit allen betroffenen Kunden eine gute Lösung zu finden“, heißt es. Diese würden aktiv beraten, „inwieweit sie ihre Liquidität so steuern können, dass sie im besten Fall wieder positive Renditen vereinnahmen und Verwahrentgelte vermeiden können“.
Denn einerseits kann Apotheken damit geholfen werden, ihr Geld auf dem Tagesgeldkonto nicht von der Inflation auffressen zu lassen, andererseits kann die Apobank ihre Fonds verkaufen. Und Finanzvorstand Holger Wessling hatte schon bei der Präsentation der Jahreszahlen Anfang des Monats bereits geäußert: „Insbesondere in der Vermögensverwaltung möchten wir Ihnen in diesem herausfordernden Finanzmarktumfeld weitere Anlagemöglichkeiten eröffnen.“