DocMorris soll zum Marktplatz werden, auf dem die Kunden unter verschiedenen Anbietern auswählen können. Parallel geht die Versandapotheke selbst auf andere Plattformen: Seit kurzem vertreibt der Ableger Apo-Rot diverse Kosmetik- und Freiwahlmarken aus der Offizin im Webshop von Douglas. Nicht nur bei den Apothekern, die DocMorris ja eigentlich für sein eigenes Projekt gewinnen will, sorgt der Vorstoß für Empörung – auch die Hersteller sind entsetzt.
Seit Anfang der Woche sind zahlreiche Apothekenmarken neu bei Douglas zu finden. Versand durch Douglas-Partner, heißt es kleingedruckt auf den jeweiligen Produktseiten. Klickt man auf das Info-Symbol, öffnet sich ein Fenster mit der Information: „Dieses Produkt wird Ihnen von unserem Partner Apo-Rot geschickt.“
„Partnerprodukte werden von unseren Partnern in einer separaten Lieferung direkt an Sie verschickt“, erklärt der Konzern weiter. „Hierdurch entstehen keine zusätzlichen Kosten für Sie. Sie kaufen weiterhin wie gewohnt bei douglas.de ein.“ Erster Ansprechpartner bei Fragen zu den Produkten sei entsprechend auch der Douglas-Kundenservice.
Angeboten werden zahlreiche Kosmetikmarken, darunter Allgäuer, Avène, Bio-H-Tin, Cetaphil, Dermasence, Dr. Hauschka, Eubos, Eucerin, La Mer, La Roche-Posay, Lierac, Nuxe, Skinceuticals und Vichy. Aber es gibt auch andere Produkte aus der Freiwahl, zum Beispiel Biolectra, Omnibiotic, Priorin, Pure und Vitasprint. Teilweise wird das neue Angebot über Google-Ads beworben – wer beispielsweise nach Calcimed sucht, erhält als ersten Treffer: „Jetzt entdecken auf Douglas.de!“
„Im Rahmen unserer Plattformstrategie analysieren wir konsequent den Markt nach vielversprechenden Partnern“, sagt eine Douglas-Sprecherin auf Nachfrage. „Mit Apo-Rot haben wir einen kompetenten Partner im Bereich Dermakosmetik und Gesundheit gewonnen.“
Laut Olaf Heinrich, CEO von DocMorris, ist die Aktion eine Art Testballon: Es gehe darum zu lernen, wie Marktplätze funktionierten. Für Apo-Rot hat man sich in Heerlen bewusst entschieden, – zumal man mit der Marke, wie DocMorris betont, auch auf anderen Plattformen wie Ebay oder Amazon vertreten ist. „Wir haben Marken mit starkem Wachstum, wir haben Marken, die vor allem für den Preisvergleich interessant sind und wir haben Marken, um solche Dinge auszuprobieren“, so Heinrich.
Doch nicht nur die Apotheker brüskiert DocMorris mit diesem Angriff auf die Apothekenexklusivität. Auch bei der Industrie hat die Auftritt bei Douglas eingeschlagen wie eine Bombe. Von Vertrauensbruch ist die Rede, zumal man es seit Jahren ablehne, Douglas mit Apothekenware zu beliefern. So mancher Hersteller ist noch dabei, sich einen Überblick über die Lage verschaffen.
Douglas hatte bereits vor zwei Jahren diverse Kosmetikmarken aus der Apotheken ins Sortiment aufgenommen – und sowohl in seiner ersten Pro-Filiale in Hamburg als auch im Webshop angeboten. Dank der Kooperation mit DocMorris muss sich die Kette nun nicht mehr mit Verfügbarkeitsproblemen herumschlagen. Seinerzeit hatten sich die Hersteller nicht unter Druck setzen lassen, laut Branchenkennern gab es immer wieder Lücken oder nur noch Ware mit älteren Verfallsdaten.
Beim Marktplatz geht es aber nicht nur um Apothekenkosmetik; Douglas will das Online-Geschäft insgesamt stärken. „Noch mehr Auswahl, noch mehr Marken – dank Partnerprodukten“, bewirbt die Kette den neuen Ansatz. Konzernchefin Tina Müller hat den Bereich E-Commerce seit zwei Jahren im Fokus und in der Folge von Corona noch einmal verstärkt: Während die Filialen vor allem im Luxussegment überzeugen sollen, soll im Netz ein möglichst breites Spektrum angeboten werden: „Jeder soll bei uns alles für den Schönheitseinkauf finden, Artikel für 500 Euro ebenso wie für fünf Euro oder weniger“, so Müller im Interview mit der „Welt“. Explizit bezog sie sich dabei auch auf Drogeriemarktartikel.
Die Kooperation mit Partnern soll die Breite ermöglichen, ohne allzu hohe Kosten zu verursachen. So sei das Sortiment allein im dritten Quartal um mehr als 17.000 Produkte erweitert worden. „In nicht allzu ferner Zukunft ist Douglas ein Online-Unternehmen“, sagte Müller gegenüber der „Welt“. In Deutschland werde bald mehr als die Hälfte des Umsatzes online erzielt, während die Besucherfrequenzen in den Innenstädten gegenwärtig immer noch um bis zu 20 bis 30 Prozent unter dem Niveau vor der Corona-Krise lägen.
Mit dem Partnerprogramm als „Herzstück der Douglas-Plattformstrategie“ weite man das umfassende Sortiment rund um Beauty und angrenzende Bereiche noch weiter aus und könne damit noch vielfältigere Produktwelten anbieten. „Wir haben den Anspruch, unseren Kund*innen durch die Kooperation mit sorgfältig ausgewählten Partnern ein einzigartiges One-Stop-Shopping-Erlebnis zu ermöglichen. Und die Reaktionen unserer Kund*innen sprechen für sich: Die Resonanz ist überaus positiv und das zusätzliche Sortiment mit vielen neuen Marken und Produktgruppen wird gut angenommen. Mittlerweile vertreiben über 50 Partner ihre Produkte über unseren Marktplatz, darunter zum Beispiel Niche Beauty, Parfumdreams, Talea Naturkosmetik, LoveMyCosmetic oder dergepflegtemann.de.“
Sehr zufrieden sei man auch mit den Ergebnissen und der Entwicklung des Geschäfts „Douglas Pro“ in Hamburg. „Mit dem innovativen Store Design, dem neuen Sortimentsangebot sowie exzellenten Services und Beratungsexpertise ist es uns gelungen, seit der Eröffnung im Herbst 2018 über 100.000 Besucher in unserer Filiale auf der Eppendorfer Landstraße 67 zu verzeichnen. Viele von ihnen konnten wir mit diesem neuen Format als Neukunden für Douglas gewinnen. Wir arbeiten stets daran, das Konzept Douglas Pro weiter zu optimieren, um es noch besser an die Wünsche unserer Kunden anzupassen.“
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