Apo-Go: Stada plant Außendienst-Offensive Patrick Hollstein, 15.06.2018 06:56 Uhr
Grippostad und Ladival: Den Namen Stada verbindet man mit Generika und OTC-Produkten. Umsatzstärkstes Präparat ist jedoch Apo-Go. Das Parkinsonmittel hat eine bewegte Geschichte hinter sich, mit mehreren Wechseln der Vertriebspartner. Nachdem sich das Geschäft zuletzt mehr schlecht als recht entwickelt hat, plant der Konzern nun eine Offensive.
Mit Erlösen von 68 Millionen Euro ist Apo-Go das umsatzstärkste Produkt von Stada. Das Präparat enthält den Wirkstoff Apomorphin, der bei akuten Off-Symptomen bei Parkinsonpatienten im Mittel- bis Spätstadium eingesetzt wird. Bei morgendlichen motorischen Störungen stellt der Fertigpen eine zusätzliche Therapieoption dar, bei Patienten im fortgeschrittenen Stadium kommt die Pumpe zum Einsatz.
Das Präparat ist seit 2001 auf dem Markt und war 2007 mit dem Hersteller Britannia/Forum von Stada übernommen worden. Derzeit wird Apo-Go in 30 Ländern weltweit vertrieben, in Deutschland seit 2016 durch Grünenthal. Der Aachener Hersteller hatte von der Vertriebsfirma Licher MT übernommen, die pikanterweise mit Dacepton umgehend ein Ersatzpräparat auf den Markt brachte.
Die Anwendung ist alles andere als trivial. Bei einem kurzen stationären Aufenthalt in einer spezialisierten Klinik wird der Patient auf die optimale Dosis eingestellt. Dabei gibt es erhebliche Unterschiede; zwischen 3 und 30 mg werden üblicherweise pro Tag verabreicht. Je nach Schwere der Erkrankung sind so bis zu zehn einzelne Injektionen notwendig. Außerdem muss die bestehende Medikation angepasst werden. Im häuslichen Umfeld übernimmt dann eine spezialisierte Krankenschwester die Betreuung.
Weil Licher MT im Laufe der Jahre einen guten Kontakt zu den spezialisierten Ärzten aufgebaut hatte, musste Stada seit dem Wechsel massiv Marktanteile abgeben. Aktuell entfallen nur noch 30 Prozent auf Apo-Go, Dacepton ist deutlich stärker. Neuraxpharm als dritter Anbieter hatte das Handtuch geworfen.
Jetzt hat der Konzern die Reißleine gezogen und Apo-Go seit 1. Juni im Eigenvertrieb. Die sechs Außendienstler von Grünenthal werden übernommen, auch die Zusammenarbeit mit ContraCare wird fortgesetzt. Der Dienstleister aus Nürnberg kümmert sich um den Patientenservice und um Abrechnungsfragen.
„Unser Ziel ist es, wieder Marktführer zu werden“, sagt Patrick Schlebrowski, der als Geschäftsführer von Stadapharm das weltweite Geschäft mit Biosimilars und Spezialpräparaten leitet. Das passt zur Strategie, die Konzernchef Dr. Claudio Albrecht ausgegeben hat und die neben Generika und OTC-Produkten einen Fokus auf Biosimilars und Spezialpräparate legt. Entsprechend soll der Vertrieb wo möglich in Eigenregie übernommen werden, zum 1. Oktober folgen zunächst die skandinavischen Länder.
Apo-Go soll eingebunden werden in eine komplett neue Vertriebsstruktur: Wenn 2019 die nächsten Biosimilars auf den Markt kommen, soll der Außendienst von derzeit sieben auf 30 Köpfe aufgestockt sein. Bei vier Facharztgruppen sollen die Mitarbeiter dann die jeweiligen Schlüsselprodukte besprechen – und die rund 1200 Generika gleich mit, die unter der Stammmarke vor allem in Kliniken vertrieben werden, gleich mit.
Vor allem aber will Schlebrowski den Außendienst nicht nur an die rund 30 spezialisierten Zentren, sondern verstärkt auch zu niedergelassenen Neurologen schicken, 1500 sind es in Deutschland an der Zahl. „Wir wollen Apo-Go deutlich früher platzieren und eine breitere Anwendung ins Bewusstsein rufen“, so Schlebrowski.
Apo-Go kann bereits im mittelschweren Stadium eingesetzt werden und auch bei diesen Patienten zu deutlich höherer Lebensqualität führen: Apomorphin stellt innerhalb von fünf Minuten die Funktionsfähigkeit temporär wieder her; vor allem morgens ist dies ein deutlicher Zugewinn zur oralen Therapie. Die Toledo-Studie mit 107 Patienten konnte eine signifikante Verbesserung der Off-Zeiten innerhalb von zwölf Wochen zeigen. Die finalen Daten werden in der zweiten Jahreshälfte erwartet werden.
Die Therapie ist insbesondere bei End-of-dose-Fluktuationen als Alternative zur Tiefenhirnstimulation etabliert, da es – anders bei bei Levodopa – nicht zu einer Gewöhnung kommt. Allerdings bewegen sich die Hersteller in einer extremen Nische: Schätzungen zufolge gibt es in Deutschland etwa 110.000 Patienten in den Stadien III und IV, davon knapp 13.000 mit Fluktuationen, die theoretisch für eine Pumpentherapie in Frage kommen.