Versandapotheken

Apo-Discounter: Zweites Standbein in Holland Patrick Hollstein, 19.06.2019 10:08 Uhr

Berlin - 

Zwei Jahre nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung sind die Niederlande als Standort für Versandapotheken attraktiver als je zuvor: Während der Bundesgerichtshof (BGH) hierzulande auch geringwertige Zugaben für unzulässig erklärt hat, dürfen Versender aus dem EU-Ausland nicht nur Boni gewähren, sondern womöglich sogar günstiger einkaufen. Mit Apo-Discounter gründet nun einer der führenden deutschen OTC-Versender eine Niederlassung jenseits der Grenze. Vorgesehen ist ein Expressdienst – und womöglich auch der Einstieg ins Rx-Geschäft.

In Duiven nördlich von Nijmegen entsteht ein neuer Standort der Bertreibergesellschaft Apologistics. Im Gewerbegebiet Centerpoort-Noord direkt an der A12 hat sich die Firma eine Halle mit einer Gesamtfläche von 19.000 Quadratmetern gesichert. Nach derzeitigen Plänen soll die Niederlassung im Herbst ihren Betrieb aufnehmen, 30 bis 40 Mitarbeiter sollen vor Ort beschäftigt werden.

Das Projekt läuft derzeit unter dem Namen „Same Day Apo“. Firmenchef Michael Fritsch hatte schon vor einem Jahrangekündigt, einen Express-Service für die Lieferung am selben Tag aufzubauen. Mit Tobias Hagenmeyer kam damals ein neuer Investor an Bord; für 60 Millionen Euro übernahmen der ehemalige Eigentümer des Getriebebauers Getrag und seine Familie rund 45 Prozent der Anteile. Parallel schied Dr. Gerhard Köhler, ehemaliger Banker und Großaktionär beim Fotoanbieter Orwo, aus.

Das Geld sollte zum Teil in den Ausbau des Standorts in Markkleeberg bei Leipzig investiert werden, der mit einer Knapp-Anlage ausgestattet und auf acht Millionen Päckchen pro Jahr angelegt ist. Außerdem sollte ein zweites vollautomatisiertes Logistikzentrum eingerichtet werden. Ziel war es, innerhalb von Monaten eine Same-Day-Delivery in Deutschland anbieten zu können. Das Konzept startet nun etwas später, passend ist aber die Anschrift: Express 2.

Die Verkürzung der Lieferzeiten ist ein wichtiger Trend im Versandhandel. Vor wenigen Wochen startete Konkurrent Shop-Apotheke einen Expressdienst: Vom Standort in Venlo aus werden Kunden in Teilen von Nordrhein-Westfalen noch am selben Abend beliefert. Aponeo bietet mit dem Service „Berlin Express“ bereits seit September 2013 eine Zustellung am selben Abend an, sofern Kunden bis 12 Uhr werktags bestellen. In München ist die Bienen-Apotheke am Laimer Platz der letzte verbliebene Partner von Amazon Prime Now.

Doch es gibt noch weitere Gründe für den Standort von Apo-Discounter in den Niederlanden: Mit dem neuen Logistikzentrum außerhalb des Geltungsbereichs der deutschen Preisbindung könnte die Gruppe auch verstärkt ins Rx-Geschäft einsteigen – inklusive Boni. Nach dem EuGH-Urteil hatte Medpex mit Esando bereits einen Ableger in den Niederlanden gegründet, der nach der Übernahme durch DocMorris mittlerweile abgewickelt wurde.

Derzeit spielen rezeptpflichtige Medikamente bei Apo-Discounter nur eine untergeordnete Rolle, auf der Website wird sogar auf Apotheke.de verwiesen. Dort heißt es, genau wie bei den anderen Webshops der Gruppe: „Bitte beachten Sie, dass auf rezeptpflichtige Medikamente aufgrund der geltenden gesetzlichen Bestimmungen keine Rabatte oder Nachlässe gegeben werden können.“ Und: „Zwischen der Absendung des Rezeptes und der Auslieferung Ihrer Medikamente kann es, bedingt durch den Postweg, zu Lieferzeiten von mehreren Arbeitstagen kommen. Bitte wenden Sie sich in eiligen Fällen an Ihre örtliche Apotheke.“

Und schließlich lassen sich die Besitzverhältnisse leichter abbilden. Apo-Discounter gehört zur Apotheke im Paunsdorf-Center in Leipzig von Kirsten Fritsch. Unter der Leitung ihre Mannes, der die Apotheke im Kaufpark Eiche bei Berlin 2017 aufgegeben hat, wickelt Apologistics Teile des operativen Geschäfts für Apo-Discounter ab und hält außerdem die Marken- und Domainrechte. In den Niederlanden gehört der Apothekenbetrieb direkt zur Gruppe; die Kapitalgesellschaft kann die Umsätze direkt konsolidieren.

In den Anfängen von Apo-Discounter 2004 wurden rund 50 Aufträge pro Tag manuell bearbeitet. Später wurden Automaten angeschafft, 2007 wurde das Versandgeschäft ausgelagert: In Markkleeberg am anderen Ende von Leipzig wurde das riesige Logistikzentrum eröffnet. Der Umsatz des Gesamtbetriebs – Apotheke und Versandhandel – kletterte von 10 Millionen Euro im Jahr 2007 auf 53 Millionen Euro im Jahr 2013, aktuell hat ihn die Unternehmensberatung Sempora auf 170 Millionen Euro, verteilt auf die verschiedenen Marken, geschätzt. Rund 15.000 Pakete werden nach Firmenangaben pro Tag verschickt.

2017 hatte Apo-Discounter Internetseite und Kundenstamm des Konkurrenten Medipolis aus Jena übernommen. 2018 folgte mit der Deutschen Internet Apotheke (DIA) der zweite Versender innerhalb kurzer Zeit. Später wurde außerdem das Versandgeschäft von Juvalis und Apolux übernommen.

Apo-Discounter ist außerdem unter Apo.com, Apotheke-online.de und Versandapo.de zu erreichen. Apo-Discounter.pl richtet sich an eine polnische Klientel, Cn.apo.com an chinesische Kundschaft. Verkauft werden Produkte auch über Amazon und Ebay. Bereits 2010 wurde Apo-Discounter außerdem zur offiziellen Lidl-Partnerapotheke.