Apo-Discounter gegen Discount-Apotheke Patrick Hollstein, 08.02.2021 10:13 Uhr
Manchmal müssen sich Richter mit den merkwürdigsten Fragen auseinandersetzen. Etwa ob Discount-Apotheke auf Bulgarisch mit Apo-Discounter zu verwechseln ist. Bis vor das Gericht der Europäischen Union (EuG) hatte es der Markenstreit zweier Versandapotheken geschafft. In Luxemburg wurde der Fall jetzt zu den Akten gelegt.
Apologistics betreibt nicht nur Apo-Discounter, sondern eine ganze Reihe generischer Webadressen, unter anderem Apotheke.de, Apo.com, Apotheke-online.de und Versandapo.de. Seit einigen Jahren streitet das Unternehmen mit anderen Anbietern, die ähnliche Domains und Marken nutzen, darunter Stada, Apotex oder die Schloss-Apotheke in Bergisch-Gladbach.
Auch im Zusammenhang mit dem Auftritt des Konkurrenten Disapo gibt es einen Rechtsstreit. Der Offenbacher Apotheker Franz Michael Peikert hatte sich 2015 die Marke „Discount-Apotheke“ beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) als Unionsmarke sichern lassen. Entsprechend tritt Disapo unter der Domain discount-apotheke.de auf.
Discount-Apotheke, Apo-Discounter: In Markkleeberg sah man Verwechslungsgefahr und legte Widerspruch gegen die Anmeldung der Marke ein. Was folgte, war ein langwieriger Rechtsstreit. Erst wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch zurück, dann verwies eine Beschwerdekammer des EUIPO den Fall wegen unzureichender Begründung zur neuen Entscheidung zurück. Wieder wurde der Widerspruch abgewiesen, wieder wurde Beschwerde erhoben, diesmal erfolglos. Der Fall landete vor dem EuG.
Die Richter in Luxemburg setzten sich nun mit der Sache auseinander – und zwar so intensiv, dass es für Laien mitunter grotesk wirkte. So wurden die angesprochenen Verkehrskreise zunächst differenziert in Verbraucher, die a) die Begriffe „Discount“ und „Apotheke“ verstehen, b) nur mit „Discount“ etwas anfangen können oder c) keinen der beiden Begriffe kennen.
Nun wurde direkt darüber gestritten, ob zur letzten Gruppe nur „ungarischsprachige Verbraucher“ gehören, wie von der Beschwerdekammer behauptet, oder auch potenzielle Kunden, die bulgarisch oder tschechisch sprechen, wie von Apologistics unterstellt. Was wiederum im Grunde für die Sache gar keine Rolle spiele, wie der EuG befand, um „das Vorbringen als ins Leere gehend zurückzuweisen“.
Ganz ohne Belang war dieser Aspekt aber doch nicht, denn ausführlich wurde in diesem Zusammenhang die Frage behandelt, ob fremdsprachige Verbraucher (Gruppen 2 und 3) wegen der Darstellung im Logo als „Ap@theke“ den Namen nicht auch als „Dis-count-ap-the-ke“ oder als „Dis-count-apa-the-ke“ aussprechen könnten, was wiederum eine gewisse Unterscheidbarkeit begründen würde. Dazu stellt das Gericht nüchtern fest: „Jedenfalls kann das Vorbringen der Klägerin zu einem geringen Unterschied in der Aussprache der Buchstaben ‚a‘ und ‚o‘ keinen Erfolg haben, da es sich bei den Buchstaben ‚a‘ und ‚o‘ um zwei verschiedene Buchstaben handelt, die deshalb auch unterschiedlich ausgesprochen werden. Lediglich die Bestandteile ‚discount‘ und ‚ap‘ werden von den Verbrauchern der Gruppen 2 und 3 in gleicher Weise ausgesprochen.“
Entscheidend ist aber am Ende dann doch die deutsche Perspektive. „Hierzu ist festzustellen, dass die angemeldete Marke mit der älteren Wortmarke Apodiscounter und der älteren Bildmarke Apo-discounter.de zehn Buchstaben gemeinsam hat, nämlich die Buchstaben ‚a‘, ‚p‘, ‚d‘, ‚i‘, ‚s‘, ‚c‘, ‚o‘, ‚u‘, ‚n‘ und ‚t‘, die so angeordnet sind, dass sie die Begriffe ‚ap‘ und ‚discount‘ bilden, die in den einander gegenüberstehenden Zeichen in umgekehrter Reihenfolge enthalten sind.“ Außerdem hätten die Marken noch den Bindestrich zwischen erstem und zweitem Wortbestandteil sowie die Endung „.de“ gemeinsam. „Zu den Unterschieden zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen ist erstens darauf hinzuweisen, dass im Gegensatz zur angemeldeten Marke in den beiden älteren Marken der Buchstabe ‚o‘ zwischen den Begriffen ‚ap‘ und ‚discount‘ enthalten ist und der Begriff ‚discount‘ die Endung ‚er‘ hat.“
So ging es munter weiter: Welcher Bestandteil überwiege, welche Relevanz der Zusatz „.de“ habe und andere Fragen mussten geklärt werden, bevor das Gericht zu dem Ergebnis kommen konnte, dass die beiden Marken zwar „bildlich entfernt ähnlich, klanglich durchschnittlich ähnlich und begrifflich hochgradig ähnlich sind“.
Am Ende teilen die Richter aber die Auffassung der Beschwerdekammer, dass die Kombination aus „Apo“ und „Discount“ nur eine „sehr geringe Kennzeichnungskraft“ hat: Verbraucher verstünden die einander gegenüberstehenden Zeichen als Hinweis auf eine Apotheke mit Sonderpreisen. Insofern sei nicht von einer Verwechslungsgefahr auszugehen – zumal der Aufmerksamkeitsgrad der Verbraucher beim Kauf von Arzneimitteln ohnehin „durchschnittlich bis erhöht“ sei und sich die optische Darstellung auch noch deutlich unterscheide.