Genevida gewinnt, Mylan verliert Patrick Hollstein, 14.12.2016 09:17 Uhr
Drei Jahre nach dem Start in Deutschland ist Genevida mit Acarbose im Geschäft. Nach den Erfolgen bei DAK und mehreren Betriebskrankenkassen holte der chinesische Generikahersteller auch bei der aktuellen Ausschreibung der AOK einen Zuschlag für das Antidiabetikum. Damit löst das Unternehmen den US-Konzern Mylan ab, der auch bei andere wichtige Wirkstoffe abgeben muss.
Vor anderthalb Jahren gehört Mylan zu den großen Gewinnern der AOK-Ausschreibung. Der Konzern liefert exklusiv nicht nur das Antidiabetikum, sondern auch Citalopram, Lamotrigin, Ranitidin und Sertralin. Bei Omeprazol und Simvastatin ist Mylan als einer von drei Rabattpartnern dabei.
All diese Verträge muss der Konzern nun abgeben: Acarbose an Genevida, Citalopram an Aristo, Lamotrigin an Axcount, Puren und Heumann, Ranitidin an Basics und Sertralin an Puren. Bei Amlodipin gehört neben Zentiva und Dexcel demnächst Axcount zu den Rabattpartnern, bei Omeprazol neben Teva und Heunet künftig Aliud, bei Simvastatin neben Basics und Teva neu Aristo.
Nur Sumatriptan konnte Mylan komplett retten, bei Paroxetin zumindest vier der acht Gebietslose. Bei Lamivudin/Zidovudin konnte Mylan dem bisherigen Exklusivpartner Aurobindo vier Lose abluchsen, Levodopa/Carbidopa muss sich Teva durch die Umstellung auf das Dreipartnermodell künftig mit Mylan und Neuraxpharm teilen.
Insgesamt gibt es in rund 60 der 109 Fachlose einen oder mehrere Wechsel. Nur 16 Fachlose hat die AOK im Drei-Partner-Modell vergeben, den Rest exklusiv. 38 Hersteller hat die Kasse unter Vertrage genommen, als Newcomer ist neben Genevida auch Orion dabei: Der finnische Hersteller hat Teva das Los Levodopa/Carbidopa/Entacapon abgenommen.
Teva/Ratiopharm hat zwar auch andere Wirkstoffe verloren, darunter Allopurinol an Heumann, Enalapril und Meloxicam an Aliud und Gabapentin an Micro Labs. Bei vielen Fachlosen bleibt die Bietergemeinschaft aber an Bord; Lisinopril, Ramipril/HCT und Verapamil sowie Lormetazepam und Nitrendipin kommen künftig aus Ulm statt von Zentiva beziehungsweise Aliud.
Auch TAD hat einige Lose verloren, darunter Carvedilol und Enalapril/HCT an Aliud und Losartan an Heumann. HEC Pharm hat zusätzlich zu Entacapon anstelle von Aristo einen von drei Zuschlägen bei Ciprofloxacin geholt, Micro Labs tritt als einer von drei Partnern bei Clarithromycin die Nachfolge von Hexal an. Heumann muss Finasterid an Puren abgeben und Moxonidin an Aliud, Metronidazol geht von Aristo an Aliud und umgekehrt Ibandronsäure von Aliud an Accord/Bluefish. Accord beerbt Desitin bei Naltrexon, Sun tritt bei Tamsulosin die Nachfolge von Ranbaxy an und Heumann die Nachfolge von Glenmark bei Telmisartan/HCT. Vancomycin kommt nicht mehr von Eberth, sondern von Riemser.
Die Verträge starten am 1. Juni, haben eine Laufzeit von zwei Jahren und ein Volumen von rund 1,8 Milliarden Euro pro Jahr auf Basis der Apothekenverkaufspreise. „Durch die großzügige Vorlaufzeit geben wir den beteiligten Unternehmen noch mehr Planungssicherheit“, sagte der Vorstandschef der AOK Baden-Württemberg und AOK-Verhandlungsführer, Dr. Christopher Hermann. „Unter Berücksichtigung unserer Vorabinformation Anfang Dezember haben die Unternehmen jetzt ein halbes Jahr zur Vorbereitung auf eine sichere Versorgung unserer Versicherten.“
Erstmals gibt es AOK-Rabattverträge für das Antibiotikum Linezolid (Puren), den Wirkstoff Paricalcitol zur Osteoporose-Behandlung (Sun/Glenmark) und für das Antiepileptikum Zonisamid (Aristo). „Die Arzneimittelrabattverträge tragen zuverlässig dazu bei, die nach wie vor steigenden Ausgaben für Medikamente im Zaum zu halten“, betonte Herrmann.
„Allein von Januar bis Ende September dieses Jahres lagen die GKV-weiten Rabatterlöse nach aktuellen Zahlen des Bundesgesundheitsministeriums bereits bei 2,81 Milliarden Euro. Das entspricht einem nochmaligen Plus von 11 Prozent gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum.“ Im Gesamtjahr 2015 hätten die Krankenkassen dank der Verträge rund 3,6 Milliarden Euro weniger für Arzneimittel ausgeben müssen.