Das Anti-Korruptionsgesetz ist scharf gestellt, seit Monatsanfang machen sich Heilberufler strafbar, wenn sie sich bestechen lassen. Zwar wurde der Bezug von Arzneimitteln in letzter Minute noch ausgeklammert, Apotheker können aber gegen das Gesetz verstoßen. Gewohnheiten und typische Konstellationen werden derzeit analysiert, die Branche muss viele offene Fragen klären. Etwa, ob Ärzte und Apotheker heute noch kostenlos Blutzuckermessgeräte an Patienten abgeben dürfen.
Kein Diabetiker muss sich hierzulande sein Messgerät selbst kaufen. Die Hersteller verschenken ihre Geräte, damit die Patienten später auf die entsprechenden Teststreifen angewiesen sind – Prinzip Druckerpatrone. Die Hersteller fluten den Markt, verschicken die Geräte direkt an Patienten. Alternativ werden die Patienten von ihrem Hausarzt, der diabetologischen Schwerpunktpraxis oder in der Apotheke ausgestattet.
In diesem Zusammenhang kam nun die Frage auf, ob sich Apotheker und Ärzte gegen den neuen § 299a des Strafgesetzbuches (StGB) strafbar machen, wenn sie sich die Geräte ihrerseits vom Hersteller schenken lassen.
Auf den ersten Blick ist das vollkommen unproblematisch – schließlich bekommt der Patient den Vorteil und nicht der Arzt oder Apotheker. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll eine Strafbarkeit entfallen, wenn der Heilberufsangehörige Rabatte und sonstige Vorteile zugunsten des Patienten oder der Krankenkasse annimmt und weiterreicht.
Ein misstrauischer Staatsanwalt könnte aus der Konstellation aber trotzdem einen Anfangsverdacht ableiten, so die Befürchtung. Denn im ersten Schritt erhält der Arzt oder Apotheker mit dem Gerät einen Vorteil. Strafrechtlich entscheidend ist nun, ob es darüber hinaus eine Unrechtsvereinbarung gibt. Strafbar macht sich der Heilberufler, wenn er eine Gegenleistung dafür erhält, dass er einen bestimmten Hersteller bevorzugt.
Bei den Blutzuckerteststreifen ist die Gefahr von vornherein gering, da die Ärzte bei der Verordnung von Teststreifen für insulinpflichtige Diabetiker das Wirtschaftlichkeitsgebot beachten müssen. Sie können also nicht einfach immer die teuren Teststreifen eines bestimmten Anbieters verordnen, nur weil sie zu diesem eine besondere Beziehung pflegen. Der Ärger, den der Arzt mit den Kassen bekäme, würde vermutlich auch zeitnah die Ermittler auf den Plan rufen.
Trotzdem treibt auch die Ärzteschaft die Frage um. Die „Ärzte Zeitung“ beantwortete die Anfrage einer allgemeinmedizinischen diabetologischen Schwerpunktpraxis, ob die kostenlose Überlassung der Geräte eine unerlaubte Zuweisung darstellt, so: „Die Weitergabe des Geräts an Patienten ist, wie der anfragende Arzt versichert, für ihn mit keinem direkten wirtschaftlichen Vorteil verknüpft. Eine eventuelle Entlastung des Verordnungsbudgets ist kein Vorteil, der für die Weitergabe der Geräte gewährt wird, sondern stellt allenfalls einen unbeachtlichen Reflex dar. Korruption liegt hier nicht vor.“ Die Lauterkeit der Marktbearbeitung durch den Hersteller stehe allerdings auf einem anderen Blatt, heißt es weiter.
Auch für Apotheker sollte die bloße Weitergabe der Geräte also kein Problem darstellen, solange der Hersteller keine weiteren Vorteile für eine bevorzugte Abgabe gewährt. Einen kompletten Freibrief wollen dazu befragte Juristen aber nicht erstellen. Wer ganz auf Nummer sicher gehen will, verweist Kunden direkt an den Hersteller, damit dieser sein Gerät liefert.
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