Engpässe lassen Preise explodieren

Amoxiclav: US-Import kostet das Fünffache

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Berlin -

Kinderantibiotika sind von Lieferengpässen betroffen – noch immer. Die Probleme aus dem vergangenen Winter setzen sich fort. Das Aussetzen der Festbeträge sollte Besserung bringen. Doch die ist nicht in Sicht. Dafür explodieren die Preise. Unter anderem beim aktuellen Notimport von Puren/Aurobindo.

Die erste Runde der Festbetragsaussetzung startete im Februar und war zeitlich bis zum 30. April befristet. Betroffen waren unter anderem Kinderantibiotika sowie Schmerz- und Fiebersäfte. Mehrere Firmen hatten die Preise nach dem Aussetzen um bis zu 76 Prozent angehoben – und senkten diese auch zum 1. Mai nicht wieder ab.

Aufzahlungen vermeiden

Um angesichts der wenig entspannten Liefersituation Aufzahlungen für die Eltern zu vermeiden, wurden die Festbeträge im Juni weiter bis zum Jahresende ausgesetzt. Betroffen sind folgende Wirkstoffe:

  • Amoxicillin: Pulver zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen
  • Cefalosporine: Pulver und Granulat zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen
  • Makrolide: Pulver und Granulat zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen
  • Phenoxymethylpenicillin: Pulver und Granulat zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen
  • Sulfamethoxazol und Trimethoprim: Suspension zum Einnehmen
  • Ibuprofen: Sirup, Suspension zum Einnehmen
  • Paracetamol: Sirup, Lösung zum Einnehmen sowie Suppositorien

Ohne Festbetrag gibt es also keine Preisgrenze, zu der die Wirkstoffe zu Lasten der Kassen abgegeben werden dürfen. Das hat Folgen, ein Beispiel ist Amoxiclav Aurobindo. Der Notimport ist im Vergleich zu Amoxicillin/Clavulansäure von 1A Pharma deutlich teurer.

Import kostet das Fünffache

Liegt der Apothekenverkaufspreis des deutschen Generikums für 100 ml 250/62,5 mg bei 31,78 Euro, kostet der Import 108,50 Euro. Die höher dosierte Variante à 400/57 mg kostet in der Flasche à 75 ml bei 1A Pharma 21,67 Euro. Für den Import werden 46,33 Euro abgerechnet.

Auf Basis des Herstellerabgabepreises (ApU) ist die Differenz noch größer:

  • 250/62,5 mg – 16,22 vs. 77,22 Euro
  • 400/57 mg – 8,21 Euro vs. 27,72 Euro

Aurobindo ist als fast fünf- beziehungsweise dreimal so teuer. Kommentar eines Insiders: „Die für die beiden Produkte veranschlagten Preise sind ein Schlag ins Gesicht für jeden Anbieter in Deutschland.“

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) drohen als erhebliche Turbulenzen im Preisgefüge, wenn er – wie geplant – gleich rund 400 Wirkstoffe seiner Dringlichkeitsliste auf einen Schlag zum Import freigeben will. Die Kassen hatten schon in ihrer Stellungnahme zum Engpassgesetz (ALBVVG) massive Kritik geäußert.

Kein deutsches Pendant

Mit dem US-Import kommt obendrein Ware auf den Markt, für die es hierzulande gar kein Pendant gibt: Eigentlich gibt es hierzulande keinen Amoxicillin-Saft von Puren. Doch der indische Mutterkonzern vertreibt diese in den USA und Puren hat von dort ein Kontingent von rund 53.000 Antibiotika-Säften importiert.

Ab sofort sind somit folgende Säfte verfügbar:

  • Amoxicillin Aurobindo 250 mg/5 ml Plv.Sus.Hst. USA 100 ml, N1, PZN 18808659, VK 26,30 Euro
  • Amoxiclav Aurobindo 250 mg/62,5 mg Plv.Sus.Hst. USA 100 ml, N1, PZN 18808613, VK 108,91 Euro
  • Amoxiclav Aurobindo 400 mg/57 mg Plv.Sus.-Hst. USA 75 ml, N1, PZN 18808642 N1, VK 46,33 Euro

Die Säfte besitzen keinen QR-Code, aber einen Strichcode zum Auslesen der PZN. „Es gibt für die Antibiotika-Säfte keine Sonder-PZN, da es sich hierbei nicht um Einzelimporte handelt. Die von uns importierte Ware hat eine eigenständige PZN, mit der sie abgerechnet werden kann“, so Dr. Thilo Pfeuffer, Leiter Marketing und Vertrieb bei Puren.

Kein Messbecher

Allerdings werden die Packungen ohne Messbecher ausgeliefert. Das erschwert die richtige Dosierung enorm. Einige Apotheken reagieren auf das Problem, indem sie den Saft vor der Abgabe für ihre Kundinnen und Kunden fertig anmischen und eine Dosierspritze mitgeben: „Das ist natürlich mit enormem Zeitaufwand verbunden, aber es ist wichtig, das Antibiotikum für Kinder richtig abzumessen“, so eine PTA aus einer Apotheke in Berlin. „Im Moment sind bei unseren Großhändlern auch keine weiteren Amoxi-Säfte verfügbar, wir sind froh, wenn wir überhaupt was haben, um kranke Kinder zu versorgen“, so die PTA.

Anders als bei anderen Importen liegt zwar eine deutsche Übersetzung des Beipackzettels bei. Allerdings heißt es einschränkend, dass der vorliegende Text eine wörtliche Übersetzung sei und nicht alle Informationen enthalte, die für eine sichere und effektive Versorgung erforderlich seien.

Import ohne Alternative

Bei Puren ist man trotzdem stolz, die Versorgung vorerst gesichert zu haben. Gelungen sei dies durch die enge Zusammenarbeit mit dem bayerischen Gesundheitsministerium, so der Hersteller. Um die aktuelle Lage zu erörtern, besuchte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) das Unternehmen sowie die Saniplus-Apotheke. „Dass vor allem auch kranke Kinder trotz der Engpässe aktuell noch gut medizinisch versorgt werden können, ist dem engagierten Einsatz aller Beteiligten zu verdanken“, so Bayerns Gesundheitsminister.

Puren wurde laut eigenen Angaben Anfang dieses Jahres von der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) und später auch vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wegen der Notlage bei Antibiotikasäften für Kinder kontaktiert. „Daraufhin setzten wir alle Hebel in Bewegung, um schnellstmöglich Antibiotikasäfte für Kinder in Deutschland zur Verfügung stellen zu können“, so der Hersteller.

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