Versandhandel

Amazon: Drogerie verkauft OTC und Rx Tobias Lau, 04.12.2017 10:22 Uhr

Berlin - 

Dass sich Versandapotheken auf den großen Online-Plattformen wie Ebay oder Amazon tummeln, ist mittlerweile normal. Auch dass mehr oder weniger seriöse Händler aus dem In- und Ausland gelegentlich eine Palette apothekenexklusiver Ware verramschen, ist trauriger Alltag geworden. Mittlerweile tauchen aber auch Händler auf, die selbst keine Apotheke sind – und trotzdem apothekenpflichtige Produkte anbieten.

Das Angebot von Seuren Health bei Amazon ist breit gefächert. Neben Nahrungsergänzungsmitteln, Parfums und Schlumpffiguren finden sich verschiedene apothekenexklusive Marken im Sortiment: Dazu gehören neben einer breiten Palette an Schüßler-Salzen von Pflüger derzeit unter anderem Thermacare und Centrum (Pfizer) sowie Rescue (Nelsons).

Doch auch apothekenpflichtige Arzneimittel hat Seuren im Angebot. Prospan Hustensaft von Engelhard ist dabei, genauso wie Iberogast (Bayer), Neo-Angin (Klosterfrau) und Nicorette (Johnson & Johnson). Auch Panzoprazol protect (Actavis) wird angeboten. Vor Kurzem gehörten auch Bisolvon und Mucosolvan (Sanofi) zum Sortiment.

Das Besondere: Einen pharmazeutischen Hintergrund hat das Unternehmen nicht. Seuren ist keine Apotheke, sondern eine Drogerie. 1977 als Geschenkeladen gegründet, hat die Firma heute auch Gesundheitsprodukte und Kosmetika im Sortiment. Neben dem Auftritt bei Amazon gibt es auch einen deutschsprachigen Webshop, in dem hauptsächlich die Eigenmarke vertrieben wird. Doch auch finden sich apothekenpflichtige Arzneimittel.

Zumindest in den Niederlanden wäre das Geschäft im Grundsatz wohl trotzdem nicht zu beanstanden, denn dort dürfen bestimmte nicht verschreibungspflichtige Medikamente unter Aufsicht eines Drogisten auch außerhalb der Apotheke abgegeben werden. Der Versand nach Deutschland ist rechtlich dagegen nicht zulässig.

Dazu kommt, dass die Produktinformationen zum Teil veraltet sind. Bei Centrum etwa wird als Hersteller noch Whitehall-Much ausgegeben. Auch Actavis ist als Anbieter hierzulande längst Geschichte. Und bei den Pflüger-Präparaten wird als Hersteller eine Firma namens TS Products ausgewiesen.

Doch Seuren geht noch weiter. Der Händler bietet auf Amazon auch Voltaren Emulgel an – also die verschreibungspflichtige Variante der Schmerzsalbe aus dem Hause GSK Consumer Health. Außerdem werden eine Reihe von niederländischen OTC-Präparaten angeboten, die hierzulande nicht zugelassen sind. Dazu gehören Laxeertabletten mit dem Wirkstoff Bisacodyl sowie Koortslipcrème mit Aciclovir, beides von Leidapharm. Auch die angebotenen Rennie-Tabletten von Bayer sind offensichtlich nicht für den deutschen Markt bestimmt.

Verstöße gegen die Apothekenpflicht sind bei Amazon selten. Apothekenexklusive Produkte wie Anti Brumm (Hermes) gehören dagegen bei vielen Marketplace-Händlern, die keine Apotheke sind, zum Sortiment. Die Firma Römer Pharma aus Rheinberg nördlich von Duisburg hat zumindest einen namentlichen Bezug zur Arzneimittelbranche – im Gegensatz zu Firma Nord PC, die das Mückenschutzmittel ebenfalls im Sortiment hat.

Der Name täuscht nicht: „Seit nunmehr 19 Jahren liefern wir zuverlässig und schnell Hard- und Software zu besten Preisen“, beschreibt sich das Rügener Unternehmen selbst. Da das EDV-Versandgeschäft aber anscheinend nicht mehr so läuft, vertreibt das Unternehmen seit rund einem Jahr also neben Kabeln und Speicherkarten auch Vagisan Feuchtcreme und Vaginalzäppfen von Dr. Wolff sowie Isla Pastillen von Engelhard.

Und dann gibt es noch zahlreiche private Einzelverkäufer wie Jonas Tilhof. Unter dem Namen Jotimed vertreibt er auf Amazon und Ebay vor allem Teststreifen und Zubehör für Blutzuckermessgeräte.

Ähnlich sieht es nach wie vor bei Kosmetikprodukten aus. Unter den 50 Topsellern der Marke Eucerin (Beiersdorf) ist die Hälfte nicht aus Deutschland. Vor allem aus Spanien und Italien bekommen viele Kunden ihre Pakete zugeschickt – oft ist dabei nicht ersichtlich, ob es sich um Apotheken, Drogerien oder Einzelhändler handelt.

Aber auch deutsche Anbieter wie Beauty Plaza, die augenscheinlich keine Apotheken sind, finden sich unter den Top 50. Ähnlich sieht es bei Vichy und La Roche-Posay (L‘Oréal) sowie Avène (Pierre Fabre) aus.