Beim Verkauf von Medikamenten über Plattformen wie Amazon müssen Anbieter eine ausdrückliche Einwilligung der Kundinnen und Kunden zur Erhebung und Verarbeitung der Daten einholen. Ansonsten verstoßen sie gegen die Europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe urteilte.
Personenbezogene Angaben wie Name, Lieferadresse und für die Individualisierung der Arzneimittel notwendige Informationen sind laut einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) Gesundheitsdaten im Sinne der DSGVO. Das gelte auch für Arzneimittel, die apothekenpflichtig sind, aber nicht ärztlich verschrieben werden müssen, sagte der Vorsitzende Richter Thomas Koch am BGH.
Die geforderte Einwilligung diene dem Schutz des Persönlichkeitsrechts der Verbraucher, sagte Koch. „Die Verbraucher sollen frei darüber entscheiden können, ob und inwieweit sie ihre Daten preisgeben, um am Markt teilnehmen und Verträge abschließen zu können.“
„Die Verarbeitung und Nutzung der von Kunden der Beklagten bei der Onlinebestellung eines Arzneimittels über den Account eines Apothekers beim Amazon-Marketplace eingegebenen Daten wie der Name des Kunden, die Lieferadresse und die für die Individualisierung des bestellten Medikaments notwendigen Informationen verstößt, wenn sie – wie im Streitfall – ohne ausdrückliche Einwilligung der Kunden erfolgt, gegen Art. 9 Abs. 1 DSGVO. Bei den Bestelldaten handelt es sich um Gesundheitsdaten im Sinne dieser Vorschrift und zwar auch dann, wenn das Arzneimittel keiner ärztlichen Verschreibung bedarf“, so der BGH.
Außerdem könnten Mitbewerber entsprechende Verstöße abmahnen: Art. 9 Abs. 1 DSGVO sei eine Marktverhaltensregelung, so dass der Verstoß gegen diese Vorschrift von einem Mitbewerber im Wege einer wettbewerbsrechtlichen Klage vor den Zivilgerichten verfolgt werden könne: „Die Bestimmungen zum Erfordernis der Einwilligung in die Verarbeitung personenbezogener Daten dienen dem Schutz der Persönlichkeitsrechtsinteressen der Verbraucher gerade auch im Zusammenhang mit ihrer Marktteilnahme. Die Verbraucher sollen frei darüber entscheiden können, ob und inwieweit sie ihre Daten preisgeben, um am Markt teilnehmen und Verträge abschließen zu können.“
In den zwei zugrundeliegenden Fällen stritten Apotheker seit Jahren vor Gericht: Dr. Hermann Vogel Jr. aus München hatte seinen Kollegen Michael Spiegel aus Sachsen-Anhalt verklagt. Der Inhaber der Gräfenhainicher Linden-Apotheke bietet apothekenpflichtige Arzneimittel über Amazon an. Vogel hatte Verstöße gegen das Apothekenrecht sowie die DSGVO geltend gemacht, da Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand der Kund:innen möglich seien, ohne dass deren Einverständnis eingeholt worden sei.
Als Vorinstanz hatte das Oberlandesgericht Naumburg Datenschutzverstöße gesehen. Die Revisionen Spiegels gegen die Verurteilung, die monierten Datenschutzverstöße zu unterlassen, hatten am BGH nun keinen Erfolg.