Amazon beendet Bienen-Projekt Patrick Hollstein, 18.02.2021 10:04 Uhr
Die ersten Versandapotheken bieten ihren Kunden eine Zustellung noch am selben Tag an – Amazon stellt den Service überraschend ein. Drei Jahre lang konnten sich Kunden in München ihre Medikamente innerhalb von zwei Stunden liefern lassen. Doch das Angebot ist aus Prime Now verschwunden – weil es angeblich auf eine breitere Basis gestellt werden soll.
Prime Now gibt es seit 2016 in Deutschland, Kunden in München und Berlin konnten sich bestimmte Waren innerhalb von zwei Stunden liefern lassen. In der bayerischen Landeshauptstadt waren seit Mai 2017 sogar Medikamente im Rahmen von Prime Now erhältlich: Die Ware stellte die Bienen-Apotheke Laimer Platz von Michael Grintz bereit. Geliefert wurden OTC-Medikamente und apothekenexklusive Waren wie Kosmetik.
Doch entsprechende Angebote tauchen nicht mehr auf; die Apotheke wird bei Prime Now nicht mehr als Partner genannt. Der Kundenservice blieb eine Antwort dazu schuldig. Der Konzern beantwortet eine Anfrage mit der üblichen Floskel, man habe dazu „keine Ankündigung gemacht“. War es das mit den Apothekenplänen von Amazon?
Grintz bestätigt, dass die Auslieferung innerhalb von zwei Stunden eingestellt wurde. Die Erfahrungen hätten gezeigt, dass Expresslieferungen derzeit vor allem im Bereich Essen nachgefragt würden. Ob es im Arzneimittelbereich einen Bedarf dafür gibt, müsse sich erst noch zeigen. Die Vorteile müssten erst noch in den Köpfen der Verbraucher ankommen.
Grintz kann sich zwar verschiedene Anwendungsfälle vorstellen, etwa die Lieferung im akuten Krankheitsfall, wenn der Gang zur Apotheke eine zusätzliche Belastung darstellt. Generell seien Expressangebote aber sehr teuer. Wichtiger für ihn sei daher der Aufbau einer qualitativ hochwertigen und zuverlässigen Lieferung. Gerade bei Arzneimitteln sieht er hier einen Bedarf für eine verlässliche Auslieferung mit persönlicher Übergabe. „Das muss nicht zwingend innerhalb von zwei Stunden sein, oft reicht auch die Lieferung am selben oder am nachfolgenden Tag aus.“
Dennoch sei Prime Now für ihn ein „spannender Versuch“ gewesen, er habe unglaublich viel darüber gelernt, wie man als Apotheker solche Plattformen nutzen kann. Diese Erkenntnisse werde er auch in folgende Projekte einfließen lassen – seit Ende vergangenen Jahres ist Grintz etwa bei DocMorris+ an Bord.
Er hofft jedoch, dass es auch bei Amazon nach dem Ende von Prime Now bald ein neues Modell gibt, bei dem Händler auf dem Marketplace von Amazon bevorzugt werden, die in der Nähe des Kunden sind und schnell beziehungsweise innerhalb bestimmter Zeitfenster liefern. Er selbst habe das Modell für seine Kunden weiterentwickelt und seine Idee auch gegenüber Amazon immer wieder erläutert. Ob seine Vorschläge aufgegriffen würden, wisse er aber nicht, sagt Grintz, der sich selbst im Verhältnis mit Amazon als kleines Licht bezeichnet. „Ich weiß nicht, was Amazon vor hat.“
Ein Blick auf die Website verrät, dass der „ultraschnelle Lieferdienst“ gerade auf neue Füße gestellt wird: „Alles, was Sie an Prime Now lieben, bekommen Sie jetzt bei Amazon Fresh“, heißt es da. Kunden werden aufgefordert, zum neuen Angebot zu wechseln.
Es ist kein Geheimnis, dass es Überschneidungen bei den beiden Angeboten gab. War Amazon Fresh als Expressservice für Lebensmittel gestartet, waren auch bei Prime Now zunächst Lebenshändler wie Basics, Feneberg und Kochhaus dabei. Doch genauso wie Rossmann sind diese Partner schon seit zwei Jahren nicht mehr an Bord – jüngster Neuzugang war im vergangenen Frühjahr Tegut. Mit dieser Partnerschaft konnte nach München und Berlin auch der Raum Frankfurt/Darmstadt erschlossen werden.
Doch offenbar setzt Amazon nun komplett auf Amazon Fresh: „Amazon Prime-Mitglieder in ausgewählten Postleitzahlengebieten können Amazon Fresh-Artikel auf Amazon kaufen“, heißt es auf der Website. Die monatlichen Abokosten entfallen, pro Lieferung müssen 3,99 Euro gezahlt werden, ab einem Warenwert von mehr als 80 Euro ist die Lieferung kostenlos.