Amazon-Apotheken-Streit geht zum EuGH Alexander Müller, 12.01.2023 09:19 Uhr
Dürfen Apotheken Arzneimittel über Amazon verkaufen? Der Bundesgerichtshof (BGH) legt dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) hierzu mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vor. Im Kern geht es darum, ob es sich bei den Bestellungen um Gesundheitsdaten im Sinne der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) handelt – eine Frage, die auch für andere Plattformen relevant ist. Und ob ein solcher Verstoß von einem anderen Apotheker mit einer wettbewerbsrechtlichen Klage vor den Zivilgerichten verfolgt werden kann.
Apotheker Dr. Hermann Vogel jr. aus München hat seine beiden Kollegen Holger Neubert aus Blankenburg und Michael Spiegel aus Gräfenhainichen verklagt, weil diese apothekenpflichtige Arzneimittel über Amazon anbieten. Vogel macht Verstöße gegen das Apothekenrecht sowie die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) geltend, da Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand der Kund:innen möglich seien.
Der BGH hatte beide Verfahren mit Beschluss vom 8. September 2020 bis zur Entscheidung des EuGH über sein Vorabentscheidungsersuchen vom 28. Mai 2020 ausgesetzt. Darin hatten die Karlsruher Richter den Kollegen in Luxemburg die Frage vorgelegt, ob auch Mitbewerber oder Verbände und Kammern wegen DSGVO-Verstößen und ohne Auftrag einer betroffenen Person klagen dürfen.
EuGH erlaubt Verbändeklagen
Der EuGH hatte in Bezug auf den Streit zwischen der Verbraucherzentrale Bundesverband und Facebook im April aber nur entschieden, dass nach nationalem Recht berechtigte Verbände bei DSGVO-Verstößen von Internet-Riesen anstelle der Nutzer vor Gericht ziehen dürfen. Zur Frage, ob auch Mitbewerber eines Unternehmens klageberechtigt sind, äußerte sich der EuGH nicht.
Dürfen auch Konkurrenten klagen?
Das will der BGH jetzt nachholen: Dürfen Mitbewerber wegen Verstößen gegen die Datenschutz-Grundverordnung gegen den Verletzer im Wege einer Klage vor den Zivilgerichten unter dem Gesichtspunkt des Verbots der Vornahme unlauterer Geschäftspraktiken vorhene?
Außerdem fragt der BGH in Luxemburg, ob Bestelldaten zu OTC-Produkten eines Kunden der Apotheke auf Amazon schon Gesundheitsdaten im Sinne der DSGVO sind. Es geht um Name, Lieferadresse und die für die Individualisierung des bestellten apothekenpflichtigen Medikaments notwendigen Informationen.
Die Argumente der Parteien
Vogels Anwalt hatte in der mündlichen Verhandlung im September vorgetragen, dass bei Amazon Personen Zugriff auf die Daten der Apothekenkunden hätten, die kein pharmazeutisches Personal sind. Auch greife der Apotheker nicht wie im Verkaufsraum ein, wenn Menschen über ein Produkt falsche Dinge erzählen – etwa in Kundenrezensionen.
Der Vertreter der Gegenseite hatte dagegengehalten, dass man durch eine Bestellung über den Amazon Marketplace gerade keine Rückschlüsse auf den eigentlichen Patienten ziehen könne. Genauso gut könne jemand für seine Kinder Nasenspray bestellen. Auch werde der Vertrag über den Verkauf direkt mit dem Apotheker und nicht mit Amazon abgeschlossen, nur er habe Zugriff auf die Produkte.