Walgreens Boots Alliance (WBA) dreht trotz eines überraschend kräftigen Gewinnsprungs an der Kostenschraube. In den kommenden drei Jahren sollen die jährlichen Kosten um mehr als eine Milliarde US-Dollar (877 Mio Euro) sinken, teilte der Konzern kurz vor Weihnachten mit. Vor allem in der Großhandelssparte will Firmenchef Stefano Pessina einmal mehr sparen.
Ein Umbau des Pharmagroßhandels sowie im Endkundengeschäft in Chile und Mexiko sollen dazu beitragen, die Finanzpläne des
Managements für das kommende Jahr zu erreichen. Hinzu kommt eine Neuorganisation im Apothekengeschäft in den USA sowie im Drogeriegeschäft in Großbritannien. Erst einmal kosten die Maßnahmen jedoch Geld. Der Konzern schrieb von „signifikanten“ Kosten, nannte jedoch keine Summe.
Im ersten Geschäftsquartal bis Ende November steigerte Walgreens seinen Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um zehn Prozent auf 33,8 Milliarden Dollar. Der operative Gewinn legte um 6 Prozent auf 1,4 Milliarden Dollar zu. Unter dem Strich verdiente der Konzern 1,1 Milliarden Dollar, rund ein Drittel mehr als ein Jahr zuvor. Damit übertraf WBA auch die Erwartungen von Analysten.
Seit der Übernahme der Anzag durch Alliance sind auch die Mitarbeiter hierzulande immer wieder von Sparrunden betroffen. Im Frühjahr teilten Deutschlandchef Wolfgang Mähr und sein Vorstandskollege Miguel Martins da Silva der Belegschaft mit, dass die Tariferhöhung mit der übertariflichen Zulage komplett und in allen Fällen verrechnet werden. Sie rechtfertigten den Schritt unter anderem mit langfristigen Maßnahmen zur Verbesserung der aktuellen Marktsituation. Verdi sprach von einem „Armutszeugnis“.
2016 warnte die Gewerkschaft die Mitarbeiter von Alliance Healthcare Deutschland (AHD), keine neuen Arbeitsverträge zu unterzeichnen. Außerdem rief Verdi zum bundesweiten Protest gegen die Schließung von sieben Servicecentern auf. Erst vor einigen Jahren waren die telefonische Kundenbetreuung und die Retourenabteilung auf eine Handvoll Niederlassungen konzentriert worden.
Damals machten 13 Mitarbeiterinnen aus der Telefonzentrale der Niederlassung in Frankfurt ihrem Unmut über die Firma in einer Mail Luft, die an große Teile der Belegschaft ging und die Überschrift „Artgerechte Haltung im Customer Service“ trug. Sie forderten darin von ihren Vorgesetzten einen verbindlicheren Umgang. Vor drei Monaten hätten Männer von Alliance entschieden, 55 Beschäftigte, hauptsächlich Frauen und überwiegend mehr als 30 Jahre dabei, „unter die Guillotine zu legen“. „Uns wurde mitgeteilt, und dass nicht einmal vom zuständigen Vorgesetzten, dass Ende September unsere Abteilung geschlossen wird. Seitdem warten wir.“
„Come in and burn out“, hieß es 2013 in einem Rundschreiben aus der Belegschaft zum damaligen Sparprogramm. „Auch wenn man in England noch nie davon gehört hat: Gemäß der Deutschen Verfassung hat Eigentum zu verpflichten und soll zugleich dem Wohle Aller dienen.“ Nicht nur die Belastbarkeit der Mitarbeiter sei überschritten; durch schlechteren Service, schlechtere Kundenbetreuung und unpünktliche Belieferung würden auch Kunden vergrault.
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