Aldi und Al(me)di(ca) Isaac Bah und Patrick Hollstein, 07.03.2012 11:49 Uhr
Aldi geht mit seiner Versandapotheke noch nicht aus der Deckung. Eine Spur führt aber ins niederländische Kerkrade, wo gerade die Almedica-Apotheke ihren Testbetrieb aufgenommen hat. Deren Chefs schwören zwar Stein auf Bein, nichts mit dem Lebensmitteldiscounter zu tun zu haben. Doch es gibt eine ganze Reihe von Indizien dafür, dass hinter Almedica Investoren stehen, die keine kleinen Brötchen backen wollen. Das Personaltableau hält eine Überraschung bereit.
Formal stehen hinter Almedica im Wesentlichen zwei Investoren: der Bonner Unternehmer Thomas Schwartmann, der auch Geschäftsführer der Versandapotheke ist, und der Düsseldorfer Notar Dr. Norbert Zimmermann. Auf Nachfrage gaben beide Gesellschafter zu Protokoll, dass Almedica eine reine Privatangelegenheit sei.
Allerdings öffnen die Werdegänge Raum für Spekulationen: Schwartmann hat sich auf „Vertriebskonzepte für den Handel“ spezialisiert; Almedica ist angeblich so etwas wie sein Gesellenstück. Zimmermann ist mit seiner Firma Malli Bergland im Bereich der Vermögensverwaltung aktiv.
Dritter im Bunde ist der ehemalige Metro-Chef Dr. Hans-Joachim Körber. Auch er ist nach Angaben seiner Mitstreiter aus persönlichem Interesse dabei, und auch diese Aussage kann man wohlwollend hinterfragen: Nach seinem Abgang bei Europas größtem Handelskonzern vor vier Jahren ist Körber heute unter anderem als Aufsichtsratsvorsitzender bei Air Berlin und dem Modehaus Esprit sowie als Beirat für den Finanzinvestor Paramon Capital Partners tätig.
Lässt man die Aussagen der Protagonisten, nichts mit dem Lebensmitteldiscounter zu tun zu haben, für einen Moment außen vor, wäre folgendes Szenario denkbar: Schwartmann und Zimmermann fungieren als Treuhänder für Aldi Nord und Aldi Süd. Körber, der nur einen kleinen Anteil an Almedica hält, nimmt als emeritierter Firmenlenker die Rolle eines Unparteiischen ein. Unüblich wäre das für Aldi nicht, denn auch die beiden Discounter werden formal nicht als Konzernverbünde, sondern über rund 30 Regionalgesellschaften geführt.
Ein Insider aus den Niederlanden bestätigt, dass bei Almedia „dicke Fische“ dabei seien – nicht Einzelpersonen, sondern Konzerne. Alle Beteiligten kenne er zwar nicht, aber mindestens ein großes Handelsunternehmen sei mit von der Partie. In diesem Zusammenhang fällt wieder der Name Aldi. Und: Mittelfristig gehe es bei Almedica darum, in einer Liga mit DocMorris, Vitalsana & Co. zu spielen.
Dass man in Kerkrade ambitionierte Pläne hat, zeigt die pure Größe der Versandapotheke: Das Beschaffungs- und Logistikzentrum ist auf mehr als 5000 Aussendungen pro Tag ausgelegt. Bereits jetzt arbeiten rund 20 Mitarbeiter im 2800 Quadratmeter großen Firmensitz. Vorerst können Kunden aber nur zwischen 10 und 15 Uhr Medikamente bestellen. In den kommenden Wochen soll der Testbetrieb ausgeweitet werden.
Der Webshop gibt sich derzeit noch bescheiden: Rx-Boni gibt es bei Almedica nicht, außerdem wird vorerst nur eine Handvoll OTC-Produkte beworben. Pick-up-Stellen sind laut Schwartmann nicht geplant; stattdessen soll die Apotheke mit einem prominenten Gesundheitsportal zusammenarbeiten.
Da keiner der drei Unternehmer über Erfahrungen im Aufbau und Betrieb einer Versandapotheke verfügt, haben sich die Investoren Unterstützung geholt. Betriebsleiter bei Almedica ist Bernd Reimann, der bereits für Sanicare, DocMorris und den MVZ-Betreiber HCM Health-Care Managers (Atriomed) tätig war. Chefapothekerin ist Elisabeth Blaesius-Hilgers, die ebenfalls von DocMorris kommt und zuvor auch für die AOK Rheinland-Pfalz im Bereich Sprechsstundenbedarf und als freie Mitarbeiterin für die ABDA tätig war.