Export, Lieferengpässe, Produktionsprobleme: Die Gründe für eingeschränkte Arzneimittellieferungen sind vielfältig. Für Apotheken gehört der Umgang mit kontingentierten Artikeln und der Ärger über das Bestellportal Pharma Mall zum Alltag. Die Großhändler versuchen in Abstimmung mit den Herstellern, bedarfsgereicht zu verteilen. AEP will Kunden mit einem neuen Programm verlässlicher kontingentierte Arzneimittel anbieten. Neun Hersteller sind mit im Boot.
Der Großhandel versucht bereits länger über verschiedene Wege, Apotheken zuverlässig mit kontingentierten Arzneimitteln zu versorgen. Angeboten wurden Depotlösungen, bei denen Apotheken eine unterschriebene Erklärung an den Lieferanten faxen mussten, um das Präparat zu erhalten. Andere Großhändler ließen sich die Rezepte schicken, um zu gewährleisten, dass die Packungen nicht in den Export gehen. Die Noweda hatte den ersten Sondertopf für ihre Mitglieder ins Leben gerufen, andere Großhändler folgten.
AEP-Kunden können sich seit etwa fünf Monaten für „AEP Secure supply“ (ASS) entscheiden. Sie müssen dafür über ihr Softwarehaus einmalig die Abverkaufsdaten der vergangenen zwölf Monate übermitteln. Anhand der Auswertung fragt der Großhändler die zusätzlich benötigten Kontingentartikel von den Herstellern an und nimmt sie an Lager. Die Apotheken können die Produkte ab dem Folgemonat bestellen. Sie verpflichten sich zudem, die kontingentierten Artikel nur über AEP zu bestellen. Die Hersteller behalten sich vor, entsprechende Mengen bei anderen Großhändlern zu kürzen oder die Apotheke gegebenenfalls von der Direktbelieferung auszuschließen.
Aktuell beteiligen sich neun Hersteller mit knapp 100 Produkten, darunter Klassiker wie die Antidiabetika Janumet (Metformin/Sitagliptin) und Januvia (Sitagliptin) von MSD Sharp & Dohme sowie Xelevia (Sitagliptin) von Berlin-Chemie, Augentropfen von Allergan, die Turbohaler Symbicort (Budesonid/Formoterol) und Pulmicort (Budesonid) von AstraZeneca und Torasemid der Teva-Töchter Ratiopharm und AbZ. „Wir sorgen gemeinsam mit den Herstellern dafür, dass die Lieferfähigkeit gewährleistet ist“, sagt AEP-Geschäftsführer Jens Graefe. Die Apotheken verpflichten sich, die Produkte nicht an Exporteure oder Zwischenhändler abzugeben.
Die Vereinbarung mit AEP gilt auf unbestimmte Zeit und kann zum Monatsende gekündigt werden. Eine Belieferungsgarantie gibt es nicht. Nur diejenigen Apotheken können teilnehmen, die monatlich mindestens 2000 Packungen bestellen, von denen mindestens die Hälfte verschreibungspflichtige Arzneimittel sein müssen. Wird dies in einem Monat nicht erfüllt, fällt laut AEP eine Servicegebühr von 200 Euro zuzüglich Umsatzsteuer an. Wird innerhalb von drei aufeinanderfolgenden Monaten weniger bestellt, scheidet der Kunde aus dem Programm aus. Insgesamt beteiligen sich rund 500 Apotheken, als großer Verbund sind die Guten-Tag-Apotheken (Elac Elysée) mit im Boot.
Seit vergangenem Herbst bietet Gehe Apotheken über dem Service Allocare kontingentierte Artikel an. Derzeit beteiligten sich rund 2600 Apotheken, sagt ein Sprecher. Ermittelt wird der tatsächliche Patientenbedarf pro Arzneimittel pro Apotheke. Im Anschluss erhält die Apotheke eine individuelle Bedarfsmenge, die durch Gehe an den Hersteller weitergegeben wird. „Die teilnehmenden Hersteller schätzen die systemische Lösung basierend auf dem tatsächlich nachgewiesenen Patientenbedarf, um die Apotheken bedarfsgerecht versorgen zu können“, so der Sprecher.
Auch die Sanacorp ist laut eigenem Bekunden permanent im Kontakt mit Herstellern, um ein höheres Kontingent zu erreichen. Das Thema bedeute für den Großhandel „jede Menge zusätzlichen Aufwand“, sagt ein Sprecher. „Die Tatsache, dass manche Hersteller nicht die Menge an Arzneimitteln zur Verfügung stellen, die vom Markt verlangt werden, belastet den Großhandel enorm.“ Fällt die Zuteilungsmenge durch die Hersteller zu gering aus, müssten Kontingentierungen eingeführt und die Abgabe an Apotheken begrenzt werden.
„Auf diese Weise versuchen wir die Verfügbarkeit der kontingentierten Ware für einen entsprechend breiten Kundenkreis flächendeckend bestmöglich abzusichern“, so der Sanacorp-Sprecher. Für den Großhandel werde es problematisch, wenn die Industrie verstärkt Direktgeschäft betreibe. „Dadurch wird die für den Handel existenziell wichtige Mischkalkulation ausgehebelt und ein kostenintensiver administrativer Zusatzaufwand vor allem in den Apotheken, aber auch beim Großhandel, verursacht.“
Auch bei Phoenix gibt es kein spezielles Programm für beschränkt erhältliche Arzneimittel. Apotheken erhielten kontingentierte Artikel je nach Verfügbarkeit, so ein Sprecher. Gesonderten Voraussetzungen gebe es nicht. „Die Produkte können über den regulären Bestellprozess bezogen werden.“ Die Kontingentierung erfolge durch die Hersteller. „Das Ziel von Phoenix ist es, über 9000 Apothekenkunden in Deutschland von unseren 20 Vertriebszentren aus jeden Tag schnell, sicher und flächendeckend mit einem Sortiment von bis zu 100.000 Arzneimitteln und Gesundheitsprodukten zu versorgen.“
Apotheken, die von Privatgroßhändlern beliefert werden, erhalten kontingentierte Arzneimittel eingeschränkt. Nur Bestandskunden, die regelmäßig bestellten, hätten die Möglichkeit kontingentierte Ware zu beziehen, so eine Sprecherin. „Um eine möglichst breite Marktabdeckung zu gewährleisten, ist die Bestellmenge bezugsmengenbegrenzt.“
Die Beschränkungen seien seit Jahren ein Thema. „Viele Artikel bleiben über Jahre kontingentiert, neue kommen hinzu, wenige fallen weg.“ Einige Apotheken bestellten sogar mehrmals täglich, um die Chance zu erhöhen, dass bei Warenzugang innerhalb eines Tages eine Bestellung bedient werde. Ein besonderes Angebot für die Bestellung gibt es nicht.
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