Vom Dritt- zum Erstlieferanten

AEP-Ansturm: Apotheke erwartet 35 statt 5 Wannen

, Uhr
Berlin -

Nach der Skonto-Sperre durch den Bundesgerichtshof (BGH) zeigen sich die Großhändler wenig verhandlungsbereit. Viele Apotheken wollen daher ihre Erstlieferanten wechseln. Doch bislang gibt es nur von AEP ein gewisses Entgegenkommen – was dem Außenseiter aus Alzenau offenbar einen regen Zustrom an neuen Kunden bringt. Auf die morgige Premiere bereitet man sich gemeinsam mit dem Logistiker Trans-o-flex vor. Gelingt es, den Ansturm zu bewältigen, könnte AEP eine zweite Chance bekommen und der Großhandelsmarkt vor großen Veränderungen stehen.

Das ist eine „heiße Kiste“ – beschreibt ein Inhaber aus Hessen seinen Wechsel. Statt von einem der vier einschlägigen Großhändler wird er ab jetzt von AEP als Erstlieferanten versorgt. Heute werde sich beweisen, ob AEP dies schaffe, sagt er. „Jeder stellt sich die Frage, ob es genug Ware gibt. Sie sagen, sie haben genug.“ Dieser Montag sei der erste richtige Werktag im Juni. „Jetzt zeigt der Wechsel des Großhändlers Konsequenzen.“

Stündlich will der Inhaber seine Bestellungen nach Alzenau schicken. Dadurch ändern sich die internen Prozesse in der Apotheke kaum merklich. Die Ware wird dann am darauffolgenden späten Vormittag erwartet. Nachts wolle er keine Wannen erhalten. AEP fährt den Betrieb bereits als Bestandskunden an, lieferte aber bisher nur wenig Arzneimittel. „Ich erwarte 35 statt fünf Wannen“, so der Inhaber. Bei aufkommenden Problemen werde er auf die verbliebenen Großhändler zurückgreifen. „Wenn es ruckeln sollte, muss ich zwangsweise Ware verschieben. Die Verfügbarkeit ist ja da.“

Trans-o-flex-Chef will Apotheken beruhigen

Auch AEP hat sich wegen des erwarteten Ansturms im Vorfeld mit seinen Lieferanten und Partnern abgestimmt. Der Großhändler beliefert die Apotheken nicht über eine eigene Flotte oder über Subunternehmer, sondern per Trans-o-flex. Der CEO des Logistikdienstleisters, Martin Reder, betont, dass die Apotheken keine Verzögerungen fürchten müssen: „Auf Seiten von Trans-o-flex haben wir bereits im Vorfeld sichergestellt, dass wir auch eine stark gestiegene Menge von AEP-Sendungen sicher und zuverlässig am nächsten Werktag in ganz Deutschland verteilen können.“

Denn es gebe tägliche Abstimmungen über die zu erwartenden Mengen und die Entwicklung. „Deshalb gehen wir davon aus, dass sich aufgrund der Rabattveränderungen in der deutschen Großhandelslandschaft ab dieser Woche die Sendungsmenge bei AEP erhöhen wird.“

Als einziger Großhändler hat AEP bislang den Apotheken einen neuen Konditionenbaustein präsentiert: Der Großhändler bietet zusätzlich zum gesetzlich erlaubten Großhandelsrabatt von 3,05 Prozent eine „Lastschriftgebühr“. Diese beträgt maximal 0,45 Prozent und hat als Basis den kompletten rabattierten Umsatz ohne Hochpreiser.

Auch wenn nicht alle Apotheken von diesem Modell profitieren und Inhaber auch kritisieren, dass es bei ihnen dadurch nicht besser aussieht, dürfte das Angebot für andere verlockend sein. Denn Phoenix, Gehe/AHD sowie die Genossenschaften Noweda und Sanacorp zeigen sich mitunter eisern und nicht verhandlungsbereit.Für verschreibungspflichtige Arzneimittel wird nur noch einen Preisnachlass von maximal 3,05 Prozent gewährt.

Keine zusätzlichen Kapazitäten

In Alzenau könnte man von dieser Haltung profitieren – sofern denn die Versorgung der Apotheken reibungslos abläuft. Reder von Trans-o-flex will – was die Logistik angeht – beruhigen: Größere kurzfristige Mengenschwankungen seien aufgrund der hohen Flexibilität der Netzwerke ausgleichbar. „Da die AEP-Sendungen weniger als 5 Prozent der Gesamtmenge ausmachen, die Trans-o-flex jeden Tag transportiert, wäre selbst bei einer Verdoppelung der AEP-Menge keine Erhöhung der Kapazität nötig“, sagt er.

Die Zahl und Linienführung der nächtlichen Langstrecken-Lkw und die der Zustelltouren würden jeden Tag neu entsprechend der Menge und Fahrzeugkapazität angepasst.

Abholfrequenz im Zentrallager erhöhen

Zudem gebe es im Fall von AEP einen Vorteil. Denn Trans-o-flex liege in direkter Nachbarschaft des Zentrallagers des Großhändlers. Lediglich die Abholfrequenz müsse erhöht werden. „In Alzenau hat Trans-o-flex seine beiden Netze Trans-o-flex Express und Trans-o-flex ThermoMed am gleichen Standort. Deshalb werden hier neben Standardsendungen ohne aktive Temperierung auch aktiv temperaturgeführte Sendungen in den Bereichen 15 bis 25 Grad Celsius (Ambient) und im Kühlbereich zwischen 2 und 8 Grad Celsius bearbeitet“, erklärt Reder.

Alle Niederlassungen in Deutschland würden über Nacht erreicht. „Von dort werden die AEP-Sendungen auf den Zustelltouren von Trans-o-flex Express (Ambient-Ware) und Trans-o-flex ThermoMed (Kühlware) an die Apotheken verteilt.“

Außenseiter unter den Großhändlern

AEP ist ein Außenseiter unter den Großhändlern. Das Unternehmen war 2013 gegründet worden und beliefert die Apotheken nur einmal am Tag vom Zentrallager aus und über die Flotte des Logistikpartners Trans-o-flex. Dafür verspricht AEP seit jeher gute und vor allem transparente Konditionen, der erste Skonto-Streit vor dem Bundesgerichtshof (BGH) drehte sich sogar um die Rabatte des Unternehmens.

AEP beliefert nach eigenen Angaben rund 6000 Apotheken, allerdings vielfach als Zweitlieferant. Eine Zeitlang musste das Unternehmen sogar vermeiden, als Lieferant nur für margenschwache Hochpreiser eingespannt zu werden. Mehr als eine halbe Milliarde Euro setzt AEP mittlerweile um und ist damit neben den beiden Konzernen, den beiden Genossenschaften sowie den privaten Großhändlern ein wichtiger Player im Markt.

Die Ursprünge reichen sogar bis ins Jahr 2011 zurück: Damals entwickelte der Berliner Unternehmensberater Professor Dr. Nikolaus für Celesio verschiedene Konzepte, um den Pharmagroßhandel rationaler zu gestalten. In Stuttgart wurde damals auch darüber nachgedacht, über die Post, FedEx oder einen anderen Logistiker liefern zu lassen.

Doch dann griff die Österreichische Post das Konzeot auf, da sie durch den Einstieg ins Großhandelsgeschäft für eine bessere Auslastung bei ihrer Tochterfirma Trans-o-flex sorgen wollte. Zu den Investoren gehörten neben dem Konzern auch Dr. Andreas Eckert, Vorstandschef von Eckert & Ziegler, der frühere österreichische Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Bartenstein, dessen Familie der Generika- und Lohnhersteller Gerot Lannach (GL Pharma) gehört, sowie Fuchs und der frühere Celesio-CEO Dr. Fritz Oesterle. Seit mehr als einem Jahr gehört Trans-o-flex zum französischen Konzern Geodis.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr zum Thema
Nur noch über Großhandel
Hexal stoppt Direktbelieferung
Mehr aus Ressort
Ex-AstraZeneca-Chef Greshake
Neuer Deutschlandchef für Neuraxpharm
Investition von bis zu 1,5 Milliarden Euro
Sanofi: Neue Insulinproduktion in Frankfurt geplant

APOTHEKE ADHOC Debatte