Generikakonzerne

Actavis will Insulin vertreiben Patrick Hollstein, 16.11.2010 19:18 Uhr

Berlin - 

Für große Insulinhersteller wie Sanofi-Aventis, Novo Nordisk, Lilly oder Berlin Chemie könnte es in Zukunft ungemütlicher werden. Obwohl die Phantasien der Branche in den vergangenen Jahren an Farbe verloren haben, arbeiten Firmen weltweit an eigenen Varianten und Vertriebskonzepten für das Hormon. Auch der Generikakonzern Actavis will Diabetiker versorgen.

Der bei der Deutschen Bank hochverschuldete Hersteller aus Island prüft derzeit ein Joint Venture mit dem polnischen Biotechunternehmen Bioton: Die beiden Firmen wollen gemeinsam Insuline auf die internalionen Märkte bringen; Bioton soll dabei für Entwicklung, Zulassung und Produktion zuständig sein, Actavis für Marketing und Vertrieb.

Bis zum Jahresende darf Actavis bei Bioton in die Bücher sehen. Sollte die Zusammenarbeit zustande kommen, zahlen die Isländer und ihre Investoren eine erste Tranche von umgerechnet 130 Millionen Euro. Und die könnte Bioton gut gebrauchen. Im vergangenen Jahr wies das in den 1990er Jahren gegründete Unternehmen einen Fehlbetrag von umgerechnet 150 Millionen Euro aus - bei einem Umsatz von 72 Millionen Euro.

Ein Viertel der Erlöse stammt aus dem Geschäft mit Insulinen. Bioton vertreibt seine Produkte in Polen, Russland und anderen ehemaligen Sowjetrepubliken sowie in Indien und China. Das Unternehmen gehört heute zum Imperium des polnischen EDV- und Ölmilliardärs Ryszard Krauze.


Die neuerliche Annäherung - Actavis prüft bereits seit einigen Wochen den Einstieg bei der schweizerischen Bioton-Tochter BioPartners - kommt nicht von ungefähr: Bis vor kurzem saß der neue Actavis-Chef Dr. Claudio Albrecht bei Bioton im Aufsichtsrat. Gut möglich also, dass aus der Zusammenarbeit mehr wird.

Actavis will die Produkte seines potenziellen Partners weltweit verteiben, Zulassungen sollen bis 2012 in Europa, den USA und Japan beantragt werden. In Deutschland hat Actavis bislang nur die Antidiabetika Glimepirid-Isis und Metformin-Puren im Sortiment. In der Branche gilt es als außerordentlich schwierig, bei den Fachärzten Fuß zu fassen. So hat Ratiopharm sein Insulin, das vor einigen Jahren in Kooperation mit B. Braun vertrieben wurde, mittlerweile vom Markt genommen. „Wir stehen heute da, wo chemische Generika vor 30 Jahren standen“, sagt ein Branchenkenner.

Für Actavis gäbe es immerhin eine ganze Reihe möglicher Märkte. Der Konzern ist in 40 Ländern aktiv. Ausgerechnet China kommt aber vielleicht nicht in Frage: Erst im Juli 2009 hatte Bioton mit Bayer einen Kooperationsvertrag über den Vertrieb von Insulinen in der Volksrepublik geschlossen. In den kommenden 15 Jahren sollen so Umsätze zwischen 1,5 und 2 Milliarden Dollar generiert werden.