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Spiegel: Apotheken dealen mit Daten APOTHEKE ADHOC, 18.08.2013 11:29 Uhr

Schlechte Presse: Der Spiegel wirft den Apotheken vor, vertrauliche Patientendaten zu verkaufen. Screenshot
Berlin - 

Die Apotheker haben derzeit keine gute Presse. Nachdem der Stern in seiner aktuellen Ausgabe zum großen Rundumschlag ausgeholt hat, knöpft sich der Spiegel die Geschäfte der Apothekenrechenzentren vor. Demnach sollen Patientendaten in unzureichend verschlüsselter Form an Marktforschungsunternehmen und dann weiter an die Pharmaindustrie verkauft werden. „Millionen deutsche Patienten und Ärzte werden ausgespäht“, heißt es in dem Beitrag. Handfeste Informationen gibt es nicht.

Laut Bericht bietet vor allem die Münchener VSA Patientendaten in unzureichend verschlüsselter Form an. Vertrauliche Dokumente belegten, dass die Identität bei der Lieferung von Rezeptdaten an IMS Health lediglich durch einen 64-stelligen Code verschleiert wird, der sich leicht auf die tatsächliche Versichertennummer zurückrechnen lässt. Auch Alter und Geschlecht der Patienten würden an die Marktforscher weitergegeben; für jeden Rezeptdatensatz würden weniger als 1,5 Cent berechnet.

Dank der schlecht verschlüsselten Daten könnten die Pharmaunternehmen möglicherweise nachvollziehen, welche Arztpraxen welche Medikamente verschrieben hätten, so der Spiegel. Als Indiz führt er ein Angebot von IMS Health an den französischen Pharmakonzern Sanofi vom April 2012 an: Darin biete das Marktforschungsunternehmen Informationen aus Insulinrezepten „patientenindividuell“ und mit „zwölf Monats-Updates“ für 86.400 Euro an.

Der Handel mit Rezeptinformationen sei „einer der größten Datenskandale der Nachkriegszeit“, zitiert der Spiegel Thilo Weichert, der Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein. Der als Hardliner geltende Datenschützer sieht die Apotheker als Besitzer der Rechenzentren in der Pflicht: „Es wäre traurig, wenn die Dienstleister des Vertrauensberufs Apotheker erst durch Gerichtsprozesse zur Vertraulichkeit zu veranlassen wären.“

Zudem warnt Weichert Apotheker davor, ihre Daten von Rechenzentren verarbeiten zu lassen, von denen bekannt sei, dass sie die Patientendaten nicht hinreichend anonymisieren. Dies könne als Verstoß gegen die Schweigepflicht der Apotheken gewertet werden.

Im Februar 2012 hatte der Spiegel schon einmal über den illegalen Handel mit Rezeptdaten berichtet. Damals hatte ein ehemaliger Mitarbeiter der Firma pharmafakt/Gesellschaft für Datenverarbeitung (GFD) vorgeworfen, an der neben der VSA die Landesapothekerverbände aus Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen beteiligt sind. Seitdem gilt das Verhältnis des NARZ zu den anderen Rechenzentren als angespannt. Was wirklich dran ist an den Vorwürfen oder um was es wirklich geht, wissen nur die Beteiligten.