ABDA: Angst vor AEP Patrick Hollstein, 09.05.2014 15:22 Uhr
Während die angekündigten Konditionenkürzungen die Stimmung zwischen Apothekern und Großhändlern trüben, sucht die ABDA den Schulterschluss. Beim DAV-Wirtschaftsforum in Berlin warnte Karl-Heinz Resch, Geschäftsführer Wirtschaft, Soziales und Verträge, vor dem Konzept des Newcomers AEP direkt. Offenbar fürchtet man in der Jägerstraße, dass das neue Geschäftsmodell die Strukturen auf der Lieferantenebene nachhaltig verändern könnte – und dass die Debatte um die Honorarforderungen der Apotheker eine falsche Richtung nehmen könnte.
„Es gibt einen neuen Großhändler mit drei Buchstaben, der suggeriert, man könne in diesem Bereich die Qualitätsstandards senken“, sagte Resch. „Meine persönliche Einschätzung: Lassen Sie sich nicht irritieren von der Aussage, in diesem System könne auf diese Weise Geld eingespart werden.“ Die österreichische Post, die hinter dem Anbieter stehe, liefere nur einmal am Tag, so Resch. „Lassen wir uns nicht auf das Niveau der österreichischen Post herunter drücken.“
Dass sich die ABDA beziehungsweise einer ihrer leitenden Mitarbeiter derart weit aus dem Fenster lehnen, ist äußerst ungewöhnlich. Ähnliche Warnungen vor unternehmerischen Konzepten hatten im Fall von DocMorris/Gehe/Celesio bekanntlich das Bundeskartellamt auf den Plan gerufen. Vermutlich aus gutem Grund hatte DAV-Chef Fritz Becker diesen Part bewusst seinem Geschäftsführer überlassen.
Doch schon wenige Stunden nach Reschs Auftritt zeigte sich, dass seine Mahnungen nicht im luftleeren Raum standen: In der politischen Diskussionsrunde gab der CDU-Gesundheitsexperte Michael Hennrich plötzlich zu Protokoll, dass die Distributionskosten in Deutschland mit 5 Prozent im internationalen Vergleich hoch seien. Man verfolge die Entwicklungen auf dem Großhandelsmarkt sehr aufmerksam.
Für die Großhändler ist das Konzept der einmal täglichen Lieferung aus einem Zentrallager heraus damit nicht nur ein wettbewerbliches Problem, sondern auch ein politisches. AEP steht offensiv für seine Position ein, dass schlankere Strukturen im Pharmagroßhandel möglich sind. Den Markt mache man deswegen nicht kaputt: Niemand werde gezwungen, bei AEP zu kaufen.
Geht das Konzept bei Kunden und in der Politik auf, kann der Branchenverband Phagro seine Forderungen nach einer Honoraranpassung abschreiben, mit denen er zuletzt ohnehin wenig erfolgreich war. Am Ende, so fürchten wohl DAV und ABDA, könnten die Apotheken beim nächsten Spargesetz gemeinsam mit dem Großhandel zur Kasse gebeten werden – oder wieder gleich ganz alleine.
Noweda-Chef Wilfried Hollmann hatte bereits öffentlich vor einem solchen AEP-Effekt gewarnt: „Wenn Discount erfolgreich ist, dann wird es Nachahmer geben. Und je mehr Nachahmer es gibt, umso mehr müssen die Leistungen des vollsortierten Großhandels eingeschränkt werden.“ Am Ende werde dann der Gesetzgeber an der Honorarschraube drehen; Leidtragende wären die Apotheken.
Zwar räumte Hennrich in der Diskussion ein, dass man bei entsprechenden Veränderungen immer auch die Auswirkungen auf die Lieferfähigkeit im Auge behalten müsse. Doch den Vertretern der Apotheken dürfte es alles andere als recht sein, mit der Politik überhaupt irgendwann über die Lieferfrequenz sprechen zu müssen.
Denn auch wenn in Berlin wohl niemand Patienten erklären möchte, dass sie jetzt länger auf ihre Arzneimittel warten müssen: Wenn Apotheken erst am nächsten Tag liefern können, wird der Abstand zum Versandhandel immer geringer.
Resch hatte an passenden Stellen bei seiner Präsentation bewusst Slogans aus der aktuelle ABDA-Imagekampagne eingebaut: „Wir sind schneller als das Internet“, heißt es auf einem Plakat. Vor der Herausforderung, dieses Versprechen zu erfüllen, könnten die Apotheken auch ohne AEP stehen: Weitere Anbieter schielen bereits auf die Kostenquoten und Margen der Kollegen beziehungsweise Eigentümer aus den USA.