Internethandel

88 Prozent: Preis-Jojo bei Online-Apotheke

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Berlin -

Der Preiswettbewerb im Internet ist deutlich intensiver als im stationären Handel. Die Preise in Online-Shops unterliegen starken Schwankungen, weil die meisten Online-Händler regelmäßig die Preise für Teile ihres Sortiments ändern. Eine Untersuchung der Verbraucherzentrale deckt auf, dass sich die Preise innerhalb kurzer Zeit auch schon einmal mehr als verdoppeln können. Für Schnäppchenjäger kommt es daher umso mehr nicht nur auf den richtigen Zeitpunkt für den Kauf an.

Die Verbraucherzentrale rät daher, sich beim Online-Einkauf Zeit zu lassen und auf den günstigsten Zeitpunkt zu warten. Aber nicht nur der Zeitpunkt bestimmt den Preis: Welche Preise online angezeigt werden, kann vom individuellen Surfverhalten, vom verwendeten Endgerät oder auch vom Wohnort abhängen. Dynamic Pricing beschreibt die Strategie zum Preis-Jojo innerhalb kürzester Zeit.

34 Tage lang hat die Verbraucherzentrale Brandenburg die Preise ausgewählter Händler beobachtet – darunter auch DocMorris, Sanicare und Shop-Apotheke. Im Rahmen der empirischen Datenerhebung wurden insgesamt 1133 Produktpreise bei 16 Online-Händlern untersucht. Die Auswahl der Händler erfolgte auf Basis der Kriterien Branche und Umsatz. Das Ergebnis: Im Extrem wurde der Preis für ein und dasselbe Produkt in dieser Zeit bis zu 32 Mal geändert. Mehr als jedes dritte untersuchte Produkt war innerhalb der beobachteten 34 Tage Preisschwankungen ausgesetzt und knapp zwei Drittel der variierten Preise änderten sich bis zu drei Mal, 36 Prozent sogar vier- bis 15 Mal.

Bei der Höhe der Preisanpassungen ergaben sich ebenfalls große Unterschiede: Rund ein Drittel der Preise wurde teils mehr als verdoppelt. Im Falle eines Handys von Mediamarkt lagen im selben Shop ganze 220 Euro zwischen dem niedrigsten und dem höchsten angebotenen Preis.

Ob Abend oder Morgen – entscheidend für den angezeigten Preis ist unter anderem der Zeitpunkt: Beim Online-Händler ATU waren im Untersuchungszeitraum Autobatterien oder Reifen jeweils am Vormittag teils bis zu 30 Prozent teurer als am Nachmittag zuvor. Bei den Versandapotheken DocMorris und Sanicare gingen an einzelnen Tagen Preissenkungen mit Preiserhöhungen anderer Artikel einher.

Genauer unter die Lupe genommen wurde Sanicare: Insgesamt wurden 61 der beobachteten 70 Artikelpreise bei dieser Online-Apotheke im Untersuchungszeitraum verändert. Hiervon 55 Produktpreise an nur zwei Tagen. Bei 38 Produkten wurde an beiden Tagen der Preis am Vormittag reduziert und bei 17 Produkten erhöht. Am Nachmittag wurden die Preisänderungen wieder rückgängig gemacht.

Die Preiserhöhungen der 17 Produkte fielen dabei im Mittel mit 26 Prozent zum mittleren Produktpreis deutlich höher aus als die Reduzierungen mit durchschnittlich 6 Prozent. Im Extrem wurde der Preis einer Trinknahrung um 88 Prozent erhöht: Kostete diese im Untersuchungszeitraum zu Beginn 8,45 Euro, so stieg ihr Preis an den beiden oben genannten Tagen auf 15,89 Euro. Dieser Preis bewegte sich jedoch weiterhin unter der unverbindlichen Preisempfehlung von 17,65 Euro, welche auf dem Onlineauftritt dargestellt wird.

Der Umfang, in dem die untersuchten Online-Händler dynamisch ihre Preise verändern, ist jedoch verschieden: So fand sich unter den 16 untersuchten Online-Händlern die Shop-Apotheke, die als einzige keine Preisveränderungen vornahm. Im anderen Extrem veränderte Sanicare 87 Prozent der untersuchten Artikelpreise im Untersuchungszeitraum von 34 Tagen. DocMorris variierte mehr als die Hälfte der untersuchten Produktpreise.

Die Online-Apotheken DocMorris und Sanicare setzten den Großteil der beobachteten Artikel tageweise im Preis sowohl herauf als auch herab. Sparte man so bei einigen Artikeln im Einkauf, wurden andere nun teurer angeboten. Die Ersparnis war im Schnitt deutlich niedriger als die Verteuerung der Artikel. Zudem gehören Internet-Apotheken zu den besonders preisaktiven Onlinehändlern: Veränderten sich sowohl im Elektronikbereich (Alternate, Comtech, Conrad, Mediamarkt) als auch im Pharmaziebereich (DocMorris, Sanicare, Shop-Apotheke) 49 Prozent aller Produktpreise, so waren es im Freizeitbereich (otto.de, sportscheck.de) nur 15 Prozent.

Tipps gibt die Verbraucherzentrale zum Umgang beim Onlineshopping: Schauen sich potenzielle Käufer einen Artikel mehrfach an, signalisiert das dem Händler ein Kaufinteresse. Das kann dazu führen, dass Ihnen ein höherer Preis angezeigt wird. Die Verbraucherzentrale rät deswegen – gerade bei teuren Produkten – dasselbe Angebot mit unterschiedlichen Browsern zu beobachten. Wichtig sei dabei, dass beim Zweitbrowser keine Cookies gespeichert würden, die ebenfalls zu unterschiedlichen Preisen führen könnten.

Hilfreich sei auch, nicht im als Kunde eingeloggten Zustand in Online-Shops zu stöbern. Besser ist es, sich erst beim Kauf an der Kasse anzumelden. Als angemeldeter Nutzer kann der Online-Händler die Kaufvorlieben sonst problemlos analysieren und die Preise entsprechend anpassen.

Wer mit dem Smartphone oder Tablet einkauft, sollte den Preis noch einmal über den Browser am PC oder Laptop checken. „Preisunterschiede können häufig auch vom verwendeten Endgerät abhängen“, so die Verbraucherzentrale. Über die IP-Adresse bekommt der Online-Händler unter anderem Hinweise über die Herkunft des Kunden. Algorithmen können hieraus Rückschlüsse auf Ihre Finanzkraft ableiten. Kommen ein Käufer aus einer wohlhabenden Region, ist es möglich, dass er mehr bezahlen muss als Käufer aus finanzschwachen Regionen.

Die Verbraucherzentralen kritisieren die Experimente der Online-Händler: Die fehlende Preis-Transparenz im Netz lasse das Vertrauen der Kunden schwinden. Am Ende könne sich der Onlinehandel mit seinen Preisexperimenten so selbst schaden. Denn Preis-Studien zeigten: Fast ein Drittel der Kunden empfindet einen Händler, der seine Preise ständig ändert, als weniger zuverlässig und kauft beim nächsten Mal mitunter woanders. Allerdings könnten sich Preisschwankungen zukünftig durch eine verstärkte automatisierte dynamische Preissetzung sogar noch intensivieren, fürchtet die Verbraucherzentrale. Dann müssten Verbraucher – ähnlich wie Börsenhändler – fallende und steigende Preise noch intensiver in den Blick nehmen, was den Zeitaufwand für einen Preisvergleich deutlich erhöhen kann.

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