Deutsche Apotheken dürfen keine Rx-Boni gewähren – auf der Website von Apo-Discounter wird trotzdem für einen Rezeptbonus von bis zu 30 Euro geworben. Wie das geht? Über eine Schwesterfirma in den Niederlanden. Das erkennt man als Verbraucher allerdings erst auf den zweiten Blick.
„Bis zu 30 Euro Rezeptbonus. Mindestens 2,50 Euro je Arzneimittel. 10 Euro Gutschein für Ihr erstes Rezept. Versandkostenfrei.“ Mit dieser offensiven Werbung empfängt Apo-Discounter derzeit seine Kunden. Gleich zweimal wird der Rx-Bonus auf der Startseite beworben. Und auch auf anderen der insgesamt knapp 150 Portale, die bei der Versandapotheke aus Leipzig hinterlegt sind, ist die Werbung zu finden.
Im Kleingedruckten am Ende der Seite erfährt man, dass der Rezeptbonus nicht von Apo-Discounter spendiert wird, sondern von „Apo Pharmacy“. Der niederländische Versender gehört zur selben Holding wie die Kapitalgesellschaft, die hinter Apo-Discounter steht. Das Logistikzentrum im niederländischen Duiven war im vergangenen Jahr eröffnet worden. „Apo Pharmacy“ ist über die Domain Apo.com zu erreichen, die bis vor kurzem noch der Apotheke im Paunsdorf Center in Leipzig zugeordnet war.
Die Aufmachung ist nahezu identisch; der Kunde bemerkt beim Klick auf das Angebot fast gar nicht, dass er gerade den Anbieter gewechselt hat. Dazu kommt, dass er auch das Bonusprogramm Apoprimo nutzen kann. Bei Facebook erscheint im Impressum von Apo.com neben der niederländischen Firma sogar noch die Apotheke im Paunsdorf Center von Kirsten Fritsch.
Außerdem sind die Preise für nicht verschreibungspflichtige Produkte in beiden Webshops auf den ersten Blick identisch; bei Apo.com gibt es sogar die Eigenmarken von Apo-Discounter. Die Hotline ist über denselben Anschluss in Leipzig zu erreichen.
Wer aus beiden Kategorien bestellen will, erfährt dazu bei Apo-Discounter: „Wenn Sie neben den verschreibungspflichtigen Arzneimitteln auf Ihrem Rezept noch weitere nicht verschreibungspflichtige Produkte kaufen möchten, erstatten wir Ihnen eventuell anfallende Versandkosten, wenn Sie Ihr gültiges Rezept binnen 7 Tagen zusenden.“ Die Bestellung soll dann komplett über Apo.com abgewickelt werden.
An anderer Stelle hat man sich mehr Mühe gegeben, die beiden Bereiche voneinander zu trennen. So kann man sich mit seinem Kundenkonto von Apo-Discounter nicht bei Apo.com anmelden. Man sei Partnerapotheke und bearbeite nur die Rezeptbestellungen, heißt es bei Nachfrage dazu via Chatfunktion mit dem Kundenservice. Rezepte werden an ein Postfach in Emmerich geschickt.
Andererseits sind bei Apo.com im Bereich „Über uns“ dieselben Fotos zu finden wie bei Apo-Discounter – einschließlich Standort und sogar Team. Selbst das Unternehmensvideo ist identisch. Und wer bei Apo.com nach einem offenen Stellenangebot sucht, der landet wiederum auf dem Karriereportal von Apo-Discounter, wo Jobs an beiden Standorten angeboten werden.
Für jedes verschreibungspflichtige Arzneimittel spendiert Apo.com pro Packung einen Rezeptbonus von 2,50 Euro bei einem Verkaufspreis von weniger als 70 Euro. Danach steigt der Bonus auf 5 Euro, aber einem Verkaufspreis von mehr als 300 Euro sind für die Kunden 10 Euro drin. Pro eingereichtem Rezept ist ein Gesamtbonus von maximal 30 Euro möglich. Der Rezeptbonus wird mit der Zuzahlung verrechnet oder in „Apopunkte“ umgerechnet (1 Euro Bonus = 100 Apopunkte) und dem Kundenkonto gutgeschrieben. Ab 250 gesammelten Punkten ist eine Gutschrift bei der nächsten Bestellung nicht verschreibungspflichtiger Produkte möglich; pro Bestellung sind dann maximal 5000 Punkte einlösbar.
Apo-Discounter gehört zur Apotheke im Paunsdorf-Center in Leipzig von Kirsten Fritsch. Unter der Leitung ihre Mannes Helmut Fritsch, der die Apotheke im Kaufpark Eiche bei Berlin 2017 aufgegeben hat, wickelt Apologistics Teile des operativen Geschäfts für Apo-Discounter ab und hält außerdem die Marken- und Domainrechte. In den Niederlanden gehört der Apothekenbetrieb direkt zur Gruppe; die Kapitalgesellschaft kann die Umsätze direkt konsolidieren. Die Dreiviertelmehrheit gehört seit einem Jahr der Familie um Tobias Hagenmeyer, ehemals Eigentümer des Getriebebauers Getrag.
In den Anfängen von Apo-Discounter 2004 wurden rund 50 Aufträge pro Tag manuell bearbeitet. Später wurden Automaten angeschafft, 2007 wurde das Versandgeschäft ausgelagert: In Markkleeberg am anderen Ende von Leipzig wurde das riesige Logistikzentrum eröffnet. Die neue Niederlassung in Duiven ist, was Größe, Investment und Kapazität angeht, dreimal so groß wie die bisherige in Leipzig: Im Gewerbegebiet Centerpoort-Noord, direkt an der A12 und in der Nähe des größten DHL-Standorts in Europa gelegen, hatte sich die Firma eine Halle mit einer Gesamtfläche von rund 20.000 Quadratmetern gesichert.
2017 hatte Apo-Discounter Internetseite und Kundenstamm des Konkurrenten Medipolis aus Jena übernommen. 2018 folgte mit der Deutschen Internet Apotheke (DIA) der zweite Versender innerhalb kurzer Zeit. Später wurde außerdem das Versandgeschäft von Juvalis und Apolux übernommen. Apo-Discounter ist außerdem unter Apo.com, Apotheke-online.de und Versandapo.de zu erreichen. Apo-Discounter.pl richtet sich an eine polnische Klientel, Cn.apo.com an chinesische Kundschaft. Verkauft werden Produkte auch über Amazon und Ebay. Bereits 2010 wurde Apo-Discounter außerdem zur offiziellen Lidl-Partnerapotheke.
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