Pharmakonzerne

16 Milliarden Verlust: Tevas verheerende Jahresbilanz

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Berlin -

Erneut schlechte Nachrichten bei Teva: Der kriselnde Ratiopharm-Mutterkonzern musste im vergangenen Jahr wegen hoher Abschreibungen auf das US-Geschäft einen Verlust von 16,3 Milliarden Dollar verkraften – nach einem Gewinn von 68 Millionen Dollar im Vorjahr. Zudem belastetet das erst jüngst aufgegebene Geschäft in Venezuela das Unternehmen.

Auch für 2018 schockte der Konzern die Anleger mit einem schwachen Ausblick: An der US-Börse brach das Papier im vorbörslichen Handel um rund 8 Prozent ein. „2017 war ein schwieriges Jahr für Teva“, sagte Konzernchef Kare Schultz. Zwischen Januar und Dezember hatte Teva seinen Umsatz leicht um 2 Prozent auf 22,4 Milliarden Dollar steigern können. Bei den für Analysten relevanten bereinigten Kennziffern schloss der Konzern immerhin im Schlussquartal besser ab als gedacht.

Der weltgrößte Generika-Hersteller leidet unter dem zunehmenden Preisverfall auf dem Generika-Markt in den USA, der sich im Schlussquartal noch einmal verstärkt habe. Auch der langjährige Umsatzbringer, das Multiple-Sklerose-Mittel Copaxone, verliert gegenüber der Konkurrenz. Allein im vierten Quartal brachen die US-Umsätze mit dem Mittel um ein Fünftel ein. Andererseits verzögerte sich der Marktstart für eigene generische Produkte. Für das Generikageschäft schrieb Teva nun mehr als 17 Milliarden Dollar ab, vorrangig davon für Positionen in den USA.

Andererseits hatte der Zukauf von Actavis den Schuldenberg derart gigantisch vergrößert, dass der Konzern bereits im Dezember zur Notbremse griff und einen Abbau von weltweit 14.000 Stellen binnen zwei Jahren verkündete – mehr als ein Viertel der 53.000 Mitarbeiter starken Belegschaft. Auch an den Standorten Ulm, Blaubeuren/Weiler und Berlin werden Jobs abgebaut, insgesamt 270. Das ist jede zehnte Stelle. Das Büro in Berlin schließt komplett, 80 Mitarbeiter sollen nach Ulm umziehen, 20 verlieren ihre Arbeit. Bereits vergangenes Frühjahr mussten in Ulm 100 Mitarbeiter gehen. Zudem streicht der Konzern seine Dividendenzahlungen.

Schultz hatte das Ruder im vergangenen Jahr mitten in der Krise übernommen. Er betonte nun, der Konzern werde sich 2018 vor allem auf seine finanziellen Verpflichtungen konzentrieren sowie auf das Fortkommen eines solideren Geschäftsmodells. Teva mache mit seinem Restrukturierungsplan bereits Fortschritte. Außerdem sollen Preissteigerungen zu mehr Gewinn verhelfen – was Anlaysten angesichts des zunehmend harten Preiskampfes in den USA jedoch bezweifeln. Allzuviel traut sich der Konzern im laufenden Jahr aber nicht zu: Man rechne nun mit einem Umsatzrückgang auf 18,3 bis 18,8 Milliarden Dollar. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis wird bei 2,25 bis 2,50 Dollar pro Aktie gesehen. 2017 hatte Teva hier noch 4,01 Dollar erwirtschaftet, ein Jahr zuvor waren es noch 5,14 Dollar gewesen.

Der größte israelische Konzern hat einen Schuldenberg von über 30 Milliarden Euro zu stemmen, der zu einem Großteil durch die Übernahme von Actavis, der Generika-Sparte des US-Riesen Allergan, entstanden ist. Spürbare Einbußen musste der Konzern auch hinnehmen, nachdem er den Patentschutz für das MS-Medikament Copaxone (Glatirameracetat) verlor. Das von Teva selbst entwickelte Arzneimittel war 1996 auf den Markt gekommen und lange wichtigster Umsatzbringer des Pharmakonzerns. Der US-Hersteller Mylan hat inzwischen ein günstigeres Generikum auf den Markt gebracht.

Seitdem kommt Teva kaum noch aus den Negativ-Schlagzeilen. Die Bekanntgabe des Stellenabbaus hatte in Israel zu einem Generalstreik, „das Flaggschiff der israelischen Industrie“ habe sich in ein Symbol der Zerstörung verwandelt, kritisierte der Gewerkschaftsvorsitzende Avi Nissekorn. Nun müssten die einfachen Angestellten für Fehlentscheidungen der Managementspitze büßen. Auch in Deutschland gab es Demonstrationen gegen die Sparmaßnahmen. Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie kritisierte, dass auch bei Ratiopharm Stellen gestrichen werden, obwohl das Unternehmen eigentlich erfolgreich wirtschaftet. In Ulm investiert Teva 500 Millionen Euro in den Bau einer Biotech-Anlage, die rund 300 neue Jobs schaffen soll.

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