Frankreich

Zielverdienst für Apotheker Benjamin Rohrer, 18.08.2011 12:05 Uhr

Berlin - 

Frankreichs Apotheker stehen vor einer ungewissen Zukunft: Seit Jahren fordern sie von der Regierung eine Überarbeitung des Honorarsystems - wegen zu niedriger Vergütungen müssten immer mehr Apotheken schließen. Ein von Frankreichs Gesundheitsminister Xavier Bertrand in Auftrag gegebenes Gutachten über die Lage der französischen Offizin gibt den Apothekern recht und fordert die Ablösung der prozentualen Marge. Allerdings stellt der Bericht auch eine Überversorgung in manchen Regionen fest - und schlägt den kontrollierten Abbau von Apotheken vor.

Im Europavergleich ist die Apothekendichte in Frankreich überdurchschnittlich hoch. In manchen Regionen kommt eine Offizin auf 1500 Einwohner. Zum Vergleich: In Deutschland sind es 3500 Bürger pro Apotheke. Gleichzeitig beschweren sich Apotheker über die Auswirkungen der prozentualen Marge. Pro Jahr gibt es 100 Schließungen. Um das Problem des zu geringen Verdienstes der Apotheker anzugehen, beauftragte das Gesundheitsministerium die Aufsichtsbehörde für soziale Fragen (IGAS).

Die Behörde schlägt in ihrem Bericht vor, den Durchschnittsverdienst der Apotheker zu ermitteln und dann einen durchschnittlichen „Zielverdienst“ der Apotheker festzuschreiben. Die IGAS schlägt zudem die Ablösung der prozentualen Marge zu Gunsten eines fixen Honorares vor. Die Regierung solle eine „direkte Verbindung zwischen der Honorierung und der geleisteten Arbeit der Apotheker“ herstellen, empfiehlt die IGAS und verweist auf einen Gesetzentwurf der Regierung aus dem April. Demnach sollen Apotheker mehr Kompetenzen bekommen, wie etwa Originalpräparate auszutauschen und die Dosierung zu wechseln.

Gleichzeitig ist der Regierung die hohe Apothekenzahl ein Dorn im Auge: Steigende Honorare bei gleich bleibender Apothekendichte belasteten den Gesundheitsetat, so das Argument. Um die Apothekendichte kontrolliert zu verringern, schlägt das Gutachten vor, Apotheker mit staatlichem Kapital aus ihren Offizinen heraus zu kaufen. Weil das Durchschnittsalter der Apotheker ohnehin ziemlich hoch sei, könnte älteren Pharmazeuten beispielsweise eine höhere Rente gezahlt werden, wenn sie ihre Apotheke aufgeben.

Um die Finanzprobleme der Apotheken zu verbessern, wartet die IGAS mit einem weiteren interessanten Vorschlag auf: Das Ministerium solle untersuchen, wie sich die partielle Öffnung für Fremdkapital auf die Apotheken auswirken würde. Als Beispiel nennt die Behörde Wirtschaftsbereiche, in denen Fremdinvestoren eine 25-prozentige Minderheitsbeteiligung an Einrichtungen halten dürfen. In Zukunft könnte es durch technische Neuanschaffungen, wie etwa Dispensierautomaten, Investitionsbedarf geben, argumentiert die IGAS. Das Fremdkapital könnte das Problem der mangelnden Liquidität der Apotheken lösen.

Die IGAS kontrolliert mit ihren Gutachten die Umsetzung sozial- und gesundheitspolitischer Maßnahmen der Regierung. Die rund 100 Prüfer der Behörde können von mehreren Ministerien mit Gutachten beauftragt werden.