Frisch und humorvoll präsentiert sich Pharmasuisse in seiner neuen Imagekampagne. Der Schweizer Apothekerverband nutzt dafür Videos und dazu passende Websites und Social-Media-Auftritte. Damit soll der Pharmazeut vor Ort auch in einer internetaffinen Zielgruppe als Ansprechpartner Nummer Eins in Gesundheitsfragen etabliert werden.
Stellen Sie sich vor, ein Kunde in den besten Jahren will eine Pilzcreme. „Es brennt und juckt einfach mega“, beschreibt er anschaulich, und zwar „da unten“. Wahrscheinlich habe er sich das Ungemach im Saunaclub zugezogen. „Das verkehrt ja auch ein Volk. Ja, ich weiß, man sollte da ja auch nicht ohne Gummi ...“ Die beschriebenen Symptome lassen Fürchterliches vermuten. Der merkwürdige Patient stürmt gleich in den kleinen Beratungsraum, um zu zeigen, was ihn quält. Doch die schlimmsten Befürchtungen des Apothekers bewahrheiten sich nicht, Gott sei Dank muss hier „nur“ ein Fußpilz verarztet werden.
Oder Sie begegnen einer älteren Dame. Sie klagt, sie sei ganz mit ihren Medikamenten durcheinander gekommen. „Sie müssen mir wirklich helfen, ich weiß nicht mehr, was ich nehmen soll.“ Die Patientin legt einen Riesenbeutel mit Pillen und Tabletten auf den HV-Tisch. In mühevoller Kleinarbeit sortiert die freundliche Pharmazeutin die Arzneimittel und stellt sie sogar noch in für jeden Tag bereit. Doch ihre Kundin hat noch eine zweite Tüte in petto …
Diese Geschichten werden in zwei etwa einminütigen Videos erzählt. Zwei weitere kleine Streifen entstanden bei den Dreharbeiten im März und April. In dem einem stürzt ein Hypochonder mit schnell herbei gegoogelten Krankheiten in die Offizin. Von der Apothekerin wird er schlagartig von seinen Beschwerden befreit. In dem anderen zeigt eine PTA vollen Einsatz bei der Rezeptur. Hier kamen Explosionen und Special-Effect-Make-up zum wirkungsvollen Einsatz. Als Kulisse diente die Neue Apotheke in Muri bei Bern. Für die Rollen der Apothekenmitarbeiter und Kunden wurden professionelle Schauspieler gecastet.
Alle Videos sind Teil von „Anekdoten aus der Apotheke“, einer „Sketch-Show“ von Pharmasuisse. „Fragen Sie Ihren Apotheker“ - so heißt die dazu passende neue Imagekampagne. Mit ihr feiert der Verband seinen 175. Geburtstag. Offiziell wird die Kampagne am 26. Juni lanciert. Bis dahin haben die Apotheker im Land Zeit, die Filme in ihre Internetauftritte einzubinden. Auch Plakate, Kleber, Flyer und Give-away stehen für die Pharmazeuten der Schweiz bereit. Zu sehen sind die Filme bereits jetzt auf ihr-apotheker.ch oder ihre-apothekerin.ch, auch ein eigener Facebook-Kanal wurde bereits frei geschaltet.
„Die Sketche sind vielleicht völlig übertrieben, aber wir zeigen Situationen, die im Apothekenalltag vorkommen können“, erläutert Pharmasuisse-Sprecherin Stephanie Balliana. „Als Apotheker muss man auch eine gute Portion Humor mitbringen.“ Mit dieser unkonventionelleren Herangehensweise wolle man neue Bevölkerungsgruppen erreichen. „Die klassischen Kampagnen in den Apotheken sprechen vor allem aktuelle Kunden an, die zu einem großen Teil schon etwas älter sind. Diesmal wollen wir vor allem internetaffine Menschen ansprechen.“
Diese Gruppe nutze das Netz zur Informationsgewinnung, aber auch zum Warenkauf. Doch das Internet habe seine Grenzen: „Für manche Anliegen braucht man die Apotheke vor Ort, um sie dort von Angesicht zu Angesicht zu klären. Wir nutzen auch auf Facebook alle Möglichkeiten von Social Media, um die Beratungs- und Serviceleistungen herauszustellen.“
Für den Videodreh verantwortlich zeichnete die auf quer gebürstete Imagevideos spezialisierte Produktionsfirma Rise and Shine Films aus Bern. „Sie haben uns ihre externe Sicht auf die Apotheke vermittelt“, so Balliana. „Wir waren sehr überrascht, wie gut das getroffen wurde. Die Zusammenarbeit war sehr unkompliziert und für uns sehr inspirierend.“
„Ich persönlich habe nur sehr positive Erfahrungen in und um Apotheken gemacht und erlebte die Mitarbeiter und das Angebot immer sehr erfrischend, unkompliziert, modern und kompetent“, sagt Philipp Andonie von Rise and Shine Films. In den Köpfen der Bevölkerung sei jedoch noch ein veraltetes und karikaturhaftes Bild von Apothekern anzutreffen. „Der frisch-moderne Humor der Videos erlaubt es uns, die weit verbreiteten Klischees aufzunehmen.“ Dabei solle vor allem eines vermittelt werden: „Apotheker sind moderne Akademiker und Unternehmer, die wichtige Funktionen im Gesundheitswesen wahrnehmen. Ein selbstbewusster, amüsanter Auftritt mit einer guten Prise Selbstironie wirkt souverän, sympathisch und verweigert sich einer defensiven, sich erklärenden Rolle.“
Mit der Kampagne sollen die Apotheken als erste Anlaufstellen für Gesundheit im Bewusstsein der Schweizer verankert werden. Doch auch andere Botschaften würden gesetzt: Apotheker seien nicht nur Bezugsstellen für Medikamente, sie seien verstärkt auch Dienstleister, sagt Balliana. „Sie sind vernetzter Grundversorger, Garant für die Sicherheit der Patienten, Gesundheitsförderer und nicht zuletzt auch Arbeitgeber.“
Glaubt man dem gerade veröffentlichten „Apothekenmonitor 2018“, dann ist die Botschaft bei den Schweizern schon weitgehend angekommen. Die jährlich durchgeführte Umfrage des Forschungsinstituts gfs.bern zeigt, dass 90 Prozent der 1000 Befragten die Apotheken als erste Anlaufstelle bei Krankheiten mit normalem Verlauf sehen. Im Vergleich zum letzten Jahr ist der Anteil Befragter, der mit dem Service besuchter Apotheken sehr zufrieden ist, wieder deutlich angestiegen (von 42 auf 55 Prozent). Das Preis-Leistungsverhältnis in den Apotheken wird von 67 Prozent als mindestens eher gut beurteilt. Die Preise für Medikamente fallen jedoch durch (52 Prozent sehr negativ). Von 27 Prozent im Vorjahr zu 36 Prozent jetzt nahm die Bereitschaft zu, Beratungsleistungen für verschreibungspflichtige Medikamente zu bezahlen.
Eine Ausweitung des Kompetenzbereichs der Apotheken wird von der Bevölkerung begrüßt. Eine klare Mehrheit von 55 Prozent kann sich vorstellen, ein Krankenkassenmodell zu wählen, das die Apotheke als Erstanlaufstelle bei gesundheitlichen Problemen vorsieht. Das Schweizer Parlament hat beschlossen, dass nicht nur Ärzte, sondern auch Apotheker künftig verschreibungspflichtige Medikamente abgeben sollen. 66 Prozent der Befragten sind mit dieser Systemanpassung einverstanden. Neue Dienstleistungen wie ausgeweitete Impfangebote (56 Prozent sehr positiv) oder der vereinfachte Zugang zu rezeptpflichtigen Medikamenten (58 Prozent sehr positiv) finden großen Anklang. „Die Apotheke der Zukunft wird stärker noch zum Dienstleister, Therapeuten und Diagnostiker“, folgern die Meinungsforscher.
Die sich verändernden Strukturen in der Apothekenlandschaft würden in der Bevölkerung durchaus wahrgenommen, so die Studie. Dazu gehöre insbesondere die Verschiebung in den Online-Handel und ganz besonders die Ausbreitung der Apotheke zur Rose und deren Kooperation mit dem Handelsriesen Migros. Pharmasuisse hat Handlungsbedarf erkannt. Der Bereich E-Commerce soll verstärkt werden. „Wir wollen den Bereich Click + Collect weiter ausbauen, die im Internet bestellten Medikamente können dann in der Apotheke vor Ort abgeholt werden. Die Leute sind vorsichtig und haben ein Sicherheitsbedürfnis. In den Apotheken erhalten sie die fachliche Beratung dazu“, so Balliana. Man müsse mit den Entwicklungen Schritt halten. „Die Apotheken müssen verfügbar und aktuell sein, sonst es wird es in der Zukunft schwierig.“
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