Über Rabattverträge kann man durchaus streiten, handgreiflich wird es eher selten. Im südtürkischen Tarsus ist ein Streit über die Abgabe eines generischen Produkts derart eskaliert, dass der Inhaber der Kemaloğlu-Apotheke nun renovieren muss. Es gab mehrere Verletzte, die Polizei verhaftete acht Beteiligte.
Innerhalb von Minuten war eine Diskussion über die Abgabe eines Generikums zu einer Massenschlägerei ausgeartet, der beinahe das gesamte Apothekeninventar zum Opfer fiel. Am Tag des Vorfalls, gegen 11 Uhr, kamen zwei Kunden in die Apotheke. Sie wollten ein Magenmittel, abgegeben wurde ein Generikum, wird der Vorfall in der Lokalzeitung „Tarsus Akdeniz“ von Apothekenmitarbeiter Süleyman Kaya beschrieben. Daraufhin sei der Streit zwischen seinem Kollegen und einem der Kunden ausgebrochen.
Im Streit verließen die beiden Kunden die Offizin, kehrten jedoch unmittelbar darauf mit zwölf weiteren Personen zurück – und begannen mit ihrer Gewaltorgie, die die Überwachungskamera der Apotheke festgehalten hat. Während sich Apothekenmitarbeiter und Kunden zu Beginn im Eingangsbereich „lediglich“ einen Faustkampf wie aus einem Bud-Spencer-Film liefern, beginnen die Angreifer bald, die Offizin in ihrer Einzelteile zu zerlegen. Hocker, Beistelltische und schließlich eine ganz Bankreihe werden zu Wurf- und Schlagwaffen, gegen die die Freiwahlregale nur so lange Schutz bieten, bis sie selbst niedergerissen werden.
Die Drohung mit einem Feuerlöscher verschafft dem Apothekenteam dann eine kurze Verschnaufpause – bis die Angreifer mit noch mehr Männern zurückkehren, teilweise mit improvisierten Waffen. Die Offizin wird in der Folge systematisch zerlegt. Den Männern zuvor kommt das Apothekenschild, das vor dem Geschäft auf der Straße stand – es fliegt hinein.
Das unüberschaubare Menschenknäuel prügelt sich daraufhin einmal rund durch die Offizin, vom Eingangsbereich die Wände entlang bis hinter den HV-Tisch. Der war sicherlich einst recht ansehnlich, ist er doch komplett verglast. Ein Mann mit einem Golfschläger ändert das aber innerhalb von Sekunden. So schnell der Spuk begann, so schnelle endet er, als die Männer aufgeschreckt die Apotheke verlassen – und eine Spur der Verwüstung zurücklassen, durch die ein einzelner Mitarbeiter mit freiem Oberkörper wie der Überlebende einer Katastrophe stapft.
Bei der Massenschlägerei wurden den Medienberichten zufolge vier Menschen verletzt, einer davon schwer. Kurz nach dem Angriff verhaftete die Polizei acht Beteiligte. Fünf von ihnen sind jedoch wieder auf freiem Fuß, denn die Geschichte hat so etwas wie ein kleines Happy End: Wie die türkische Nachrichtenseite Eczacı Dergisi („Apothekerzeitschrift“) berichtet, haben sich Täter und Opfer nämlich ausgesöhnt. Daraufhin zog der Apotheker die Anzeigen wegen Sachbeschädigung und Körperverletzung zurück und die Inhaftierten konnten das Gefängnis verlassen.
Ein gemeinsamer Bekannter des Apothekers und eines der Angreifer hatte den Kontakt vermittelt und wollte eine Aussöhnung der beiden Parteien. Deshalb arrangierte er ein gemeinsames „Friedensessen“, bei dem alle zusammenkamen. „Anstatt solche Ereignisse zu akzeptieren, sollten wir versuchen, in Frieden miteinander zu leben. Im Namen meiner Familie bitte ich deshalb die gesamte Gesellschaft um Verzeihung. Ich werde so etwas nie wieder tun“, beteuerte einer der beiden Kunden, mit denen der Kampf begann. Inhaber Ali Kemaloğlu nahm die Entschuldigung an und zeigte sich versöhnlich: „Mein einziger Wunsch ist, dass niemand, weder in unserer Stadt, noch im ganzen Land, so ein Ereignis durchmachen muss.“