Um sich die US-Apothekenkette Rite Aid einzuverleiben, ist Stefano Pessina zu großen Zugeständnissen bereit. Auf bis zu 1000 Apotheken würde der Chef von Walgreens Boots Alliance (WBA) verzichten, um die Zustimmung der Behörden zu erhalten. Spätestens in einem Jahr muss die Transaktion aber unter Dach und Fach gebracht sein. Sonst platzt der Deal.
Etwa 9,4 Milliarden US-Dollar zahlt WBA für Rite Aid mit 4600 Filialen; unter Berücksichtigung übernommener Schulden liegt das Gesamtvolumen sogar bei 17,2 Milliarden Dollar. Mit rund 12.900 eigenen Filialen würde seinem Konzern künftig jede fünfte Apotheke im Land gehören: Rund 23.000 unabhängigen Apotheken stehen knapp 20.000 Filialen der großen Ketten gegenüber sowie 9000 Supermärkte und 8000 SB-Warenhäuser mit angeschlossenem Apothekenschalter.
Laut Pessina ergänzen sich die beiden Ketten geografisch hervorragend: Vor allem in Kalifornien und im Nordosten kann WBA mit Rite Aid weiße Flecken schließen. Sollten die Behörden dennoch Bedenken anmelden, wäre der Konzernchef bereit, bis zu 1000 Filialen abzugeben. Auch andere Geschäftsbereiche können im Zusammenhang mit der Übernahme verkauft werden, solange ein Gesamtvolumen von 100 Millionen Dollar nicht überschritten wird.
Bis zum 27. Oktober 2016 soll der Deal abgeschlossen sein; unter bestimmten Umständen kann die Frist bis zum 27. Januar 2017 verlängert werden. Obwohl die Aktionäre erst noch zustimmen müssen, wurden bereits hohe Vertragsstrafen vereinbart: Sollte eine der beiden Parteien von der Übernahme zurücktreten, werden jeweils 325 Millionen Dollar fällig. Rite Aid muss WBA in jedem Fall bis zu 45 Millionen Dollar für den entstandenen Aufwand ersetzen. Bläst dagegen Pessina den Deal ab und schmiedet stattdessen mit einem Dritten ein Bündnis, muss er Rite Aid sogar 650 Millionen Dollar zahlen.
Kommt die Übernahme ohne Einschränkungen zustande, hätte WBA weltweit rund 17.700 Apotheken in elf Ländern. Dazu kommen mehr als 350 Großhandelsniederlassungen; WBA beliefert nach eigenen Angaben mehr als 200.000 Apotheken, Ärzte, Gesundheitszentren und Krankenhäuser in 19 Ländern und beschäftigt insgesamt rund 370.000 Menschen.
Wie schon bei der Fusion von Walgreens und Alliance Boots rechnet WBA auch diesmal mit Synergieeffekten von mehr als einer Milliarde Dollar. Rite Aid soll zunächst unter bisherigem Namen fortgeführt werden; auf lange Sicht sollen Netzwerk und Infrastruktur aber „vollständig harmonisiert“ werden.
Erst zum Jahreswechsel war WBA entstanden und an der US-Börse Nasdaq eingetragen worden.Walgreens hatte im Sommer 2012 zunächst 45 Prozent der Anteile für 6,7 Milliarden Dollar an Alliance Boots übernommen, für den Rest wurde eine Option vereinbart. Dafür musste Walgreens noch einmal rund 5 Milliarden Dollar in bar sowie 144,3 Millionen Aktien auf den Tisch legen, was zu einem Gesamtpreis von knapp 16 Milliarden Dollar führte. Mit etwa 16 Prozent ist Pessina größter Einzelaktionär.
Parallel hatte der Konzern ein Bündnis mit AmerisourceBergen (ASB) geschlossen. Für zehn Jahre ist der Großhändler exklusiver Partner von Walgreens; um den Deal zu besiegeln, wurde vereinbart, dass WBA bis zu 23 Prozent der Anteile an ASB übernimmt. Ziel ist es, Verträge mit Herstellern künftig auf globaler Ebene zu schließen. Abgewickelt werden die Vereinbarungen in der Schweiz.
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