Versandapotheke: Krebsmittel ohne Wirkstoff APOTHEKE ADHOC, 04.07.2018 11:51 Uhr
Die Versandapotheke CanadaDrugs.com muss nach einem Vergleich 34 Millionen US-Dollar zahlen und den Versand von Medikamenten in die USA einstellen. Grund ist ein Skandal um gefälschte Arzneimittel: Unter anderem hatte CanadaDrugs Krebsmedikamente ohne Wirkstoff ausgeliefert.
Das US-Justizministerium wirft der Versandapotheke den Import und Verkauf gefälschter Medikamente vor. Der Fall wurde durch eine Untersuchung der Arzneimittelbehörde FDA bekannt: Sie fand bei mehreren Patienten Einheiten des Krebsmedikaments Avastin (Bevacizumab), die keinerlei Wirkstoff enthielten. Alle waren über CanadaDrugs bezogen worden.
Die Betreiber von CanadaDrugs beteuern, dass der Betrug nicht ihrer Versandapotheke anzulasten sei, sondern mehreren mit ihr verbundenen Großhändlern. Die Betreiber des Bestellportals hatten dementsprechend aber offensichtlich die Herkunft der Medikamente, die sie verkauften, nicht ausreichend geprüft. Auf der Internetseite wird versichert, dass alle Präparate aus FDA-zertifizierten Herstellungsbetrieben im Ausland importiert würden, was offensichtlich nicht gewährleistet war.
Die gefälschten Avastin-Präparate seien beispielsweise laut Verpackung aus Großbritannien importiert worden, das war jedoch nur ihre letzte Station: „Davor gab es noch drei andere, darunter die Türkei und sehr wahrscheinlich Syrien“, so Shabbir Imber Safdar, Präsident des Patientenschutzverbandes Partnership for Safe Medicines. Dem Verband zufolge wurden allein im US-Bundesstaat Florida 65 verschiedene Arzneimittel gefunden, die CanadaDrugs ausgeliefert hatte und die gefälscht waren. Darunter seien unter anderem Medikamente gegen Asthma und Arthritis gewesen.
CanadaDrugs hatte offensiv damit geworben, viele Medikamente zu einem Bruchteil der oft exorbitant hohen Arzneimittelpreise in den USA zu verkaufen. Safdar wirft CanadaDrugs vor, dass das nur möglich war, weil die Versandapotheke Medikamente auf dem Schwarzmarkt gekauft hat. Insgesamt soll das Unternehmen über 70 Millionen Dollar mit gefälschten Medikamenten verdient haben.
Illegaler Versandhandel mit zum Teil gefälschten Medikamenten ist in den USA ein wachsendes Problem. Es wird zum einen durch die hohen Arzneimittelkosten – die höchsten der Welt – gefördert. Andererseits gewinnt es durch die grassierende Opioid-Epidemie an Virulenz. Viele Schmerzmittelabhängige bestellen sich in zwielichtigen Onlineshops opioidhaltige Analgetika, wenn sie keine Verschreibungen mehr erhalten oder ihnen das Geld ausgeht. Die FDA geht davon aus, dass es in den USA 35.000 Versandhändler für Arzneimittel gibt, von denen 96 Prozent illegal sind.
Auch Facebook-Chef Mark Zuckerberg musste sich bereits zu dem Thema verhalten. Als er im Zuge des Datenskandals um das soziale Netzwerk vor dem US-Kongress Rede und Antwort stehen musste, konfrontierte ihn ein Abgeordnete mit illegalem Arzneimittelhandel. Denn Zahlen der Organisation Alliance for Safe Online Pharmacies (ASOP) zufolge vertreiben in den USA allein auf Facebook 3400 illegale Versandapotheken Opioide. Zuckerberg kündigte an, Facebook wolle sich des Problems unter anderem mit verbesserten KI-Tools annehmen. Auch die FDA hat sich bereits eingeschaltet.