Walgreens schluckt Rite Aid APOTHEKE ADHOC, 28.10.2015 07:53 Uhr
Stefano Pessina hat wieder zugeschlagen: Für etwa 9,4 Milliarden US-Dollar übernimmt Walgreens Boots Alliance (WBA) die Apothekenkette Rite Aid mit 4600 Filialen. Damit sichert sich der Konzern seinen Abstand vor CVS – und reduziert die Zahl der großen Anbieter im Markt auf 2.
Unter Berücksichtigung übernommener Schulden hat der Deal sogar ein Volumen von 17,2 Milliarden Dollar. Nachdem die beiden Vorstände bereits zugestimmt haben, soll die Fusion in der zweiten Jahreshälfte 2016 abgeschlossen werden. Die Aktionäre von Rite Aid sowie die Behörden müssen noch zustimmen.
WBA rechnet mit Synergieeffekten von mehr als einer Milliarde Dollar. Rite Aid soll zunächst unter bisherigem Namen fortgeführt werden; auf lange Sicht sollen Netzwerk und Infrastruktur aber „vollständig harmonisiert“ werden. Nach Angaben von Konzernchef Stefano Pessina ergänzen sich die beiden Filialnetzwerke hervorragend.
Rite Aid hat 4600 Apotheken in 31 Bundesstaaten, Walgreens kommt auf landesweit rund 8300 Filialen, genauso wie der letzte verbliebene größere Konkurrent CVS. Weltweit hat WBA nach Abschluss der Transaktion rund 17.700 eigene Apotheken in elf Ländern. Dazu kommen mehr als 350 Großhandelsniederlassungen; WBA beliefert nach eigenen Angaben mehr als 200.000 Apotheken, Ärzte, Gesundheitszentren und Krankenhäuser in 19 Ländern und beschäftigt insgesamt rund 370.000 Menschen.
Pessina bezeichnete den Deal als weiteren Schritt auf dem Weg zur globalen Apothekenkette. Man wolle die Versorgung mit Gesundheits- und Beautyprodukten in neuen und bekannten Märkten auf der ganzen Welt ausbauen und erweitern. John Standley, CEO bei Rite Aid, sagte, der Zusammenschluss werde das Angebot zur Gesundheitsversorgung verbessern und gleichzeitig den Unternehmenswert wesentlich steigern. Zusammen mit Walgreens könne man dank des erhöhten Kapitals weiter an den Expansionsplänen arbeiten.
Im Ende Februar abgelaufenen Geschäftsjahr erwirtschaftete Rite Aid Umsätze von knapp 27 Milliarden Dollar und einen Gewinn von 2 Milliarden Dollar. Der Konzern mit Hauptsitz in Camp Hill, Pennsylvania, hatte sich nach mehreren Verlustjahren 2013 zurück in die Gewinnzone gekämpft.
69 Prozent der Erlöse werden mit rezeptpflichtigen Medikamenten erzielt, 15 Prozent mit OTC- und sonstigen Gesundheitsprodukten und 16 Prozent mit normalen Einzelhandelssortimenten. Bei Walgreens sind es 64, 10 und 16 Prozent. 62 Prozent der Filialen von Rite Aid sind freistehend, 53 Prozent haben einen Autoschalter. In jedem zweiten Geschäft befindet sich ein Vitamin- und Nahrungsergänzungsmittelshop von GNC.
Pessina macht mit der Übernahme massiv Druck: Erst zum Jahreswechsel war WBA entstanden und an der US-Börse Nasdaq eingetragen worden. Walgreens hatte im Sommer 2012 zunächst 45 Prozent der Anteile für 6,7 Milliarden Dollar an Alliance Boots übernommen, für den Rest wurde eine Option vereinbart. Dafür musste Walgreens noch einmal rund 5 Milliarden Dollar in bar sowie 144,3 Millionen Aktien auf den Tisch legen, was zu einem Gesamtpreis von knapp 16 Milliarden Dollar führte. Mit etwa 16 Prozent ist Pessina größter Einzelaktionär.
Parallel hatte der Konzern ein Bündnis mit AmerisourceBergen (ASB) geschlossen. Für zehn Jahre ist der Großhändler exklusiver Partner von Walgreens; um den Deal zu besiegeln, wurde vereinbart, dass WBA bis zu 23 Prozent der Anteile an ASB übernimmt. Ziel ist es, Verträge mit Herstellern künftig auf globaler Ebene zu schließen. Abgewickelt werden die Vereinbarungen in der Schweiz.
Rite Aid geht auf einen 1962 gegründeten Laden im Thrift D Discount Center in Scranton, Pennsylvania, zurück. 1968 wurden der heutige Name eingeführt und das Unternehmen an die Börse gebracht. Ende der 1980er Jahre war Rite Aid mit rund 2000 Filialen Branchenprimus.