USA

Opioid-Krise: Klagewelle gegen Hersteller und Apotheken APOTHEKE ADHOC, 27.07.2017 11:50 Uhr

Berlin - 

Opiate als Einstieg in die Sucht? In den USA rollt eine Klagewelle auf die Pharmaindustrie zu. Grund ist die Opioid-Krise, die das Land im Griff hat. Die Hersteller sollen in den 90er-Jahren den Markt mit Schmerzmitteln überflutet haben – ungeachtet der Risiken. Die Therapie endete für viele Patienten in der Sucht und forderte zahlreiche Todesopfer. Nun soll die Branche zur Rechenschaft gezogen werden.

Legal verschriebene Opioide gelten in den USA als Einstiegsdroge für Heroin. Betroffen von der Krise sind nicht nur die Großstädte und Ballungszentren, sondern die ländlichen Regionen, Kleinstädte und Vororte. Bezirke und Bundesstaaten wollen nun gegen die Pharmaindustrie klagen. Laut Frankfurter Allgemeiner Zeitung (FAZ) drohen Herstellern wie Janssen (Johnson & Johnson), Purdue, Teva und Allergan Schadenersatzforderungen, als auch Apothekenketten wie CVS und Großhändlern wie McKesson. Purdue Pharma hatte vor etwa neun Jahren Oxycontin auf den Markt gebracht mit dem Argument, der Dauergebrauch habe kein Suchtpotenzial. Mehr als 30 Milliarden US-Dollar sollen bislang mit dem Arzneimittel umgesetzt worden sein.

Ärzte verschrieben Opiate in großem Umfang, der Missbrauch nahm zu. In der Folge wurde der Zugang zu den Arzneimitteln erschwert. Die Konsumenten wichen auf illegale Drogen wie Heroin oder künstlich hergestelltes Fentanyl aus. Nun kämpft das ganze Land mit und gegen die Rauschmittelsucht.

Ohio zählt zu den am stärksten von Abhängigkeit betroffenen US-Bundesstaaten. Nach Angaben der Behörden erhielten 2,3 Millionen Patienten Rezepte für die starken Schmerzmittel. Das entspricht ungefähr 20 Prozent der Bevölkerung des Mittelweststaates. Im Landkreis Ross County im Süden Ohios wurde bereits Anklage erhoben. Denn dort sind besonders viele Einwohner abhängig.

Sowohl die Anschuldigungen als auch die Klage seien rechtlich und sachlich unbegründet, schrieb Janssen in einem Statement an die Medien. Purdue ließ verlauten: „Wir teilen die Sorgen des Generalbundesanwalts über die Opioidkrise und wollen hilfreich daran mitarbeiten, Lösungen zu finden.“

Auch eine Reihe weiterer Bundesstaaten und Gemeinden wollen die Pharmabranche zur Verantwortung ziehen. Im Bundesstaat Mississippi sitzen derzeit Purdue, Teva, Cephalon, Johnson & Johnson sowie Endo und Allergan auf der Anklagebank. Weitere Klagen laufen in zwei Landkreisen in Kalifornien, der Stadt Chicago und vier Landkreisen in New York. In Kentucky zahlte Purdue 2015 in einem ähnlichen Verfahren außergerichtlich 24 Millionen Dollar.

McKesson hatte Anfang des Jahres eine Strafe von 150 Millionen Dollar gezahlt, um weitere Streitigkeiten mit dem Justizministerium und der Drogenkontrollbehörde DEA abzuwenden. Dem Mutterkonzern von Celesio wurde vorgeworfen, jahrelang allzu sorglos Betäubungsmittel (BtM) wie Oxycodon und Hydrocodon ausgeliefert zu haben, die in der Drogenszene verbreitet sind. Im Rahmen des Vergleichs wurden außerdem vier Niederlassungen für den BtM-Verkehr gesperrt, die anderen Vertriebszentren unter Aufsicht gestellt. Im Vorfeld der gestrigen Hauptversammlung hatten Aktionäre die Vergütung des Vorstands infrage gestellt und die Bestellung eines unabhängigen Vorsitzenden gefordert.