In den USA sind die medizinischen Richtlinien für Bluthochdruck geändert worden. Damit haben Menschen schon ab einem Wert von 130 (systolischer Druck) zu 80 (diastolischer Druck) einen behandlungsbedürftigen Bluthochdruck. Zuvor hatte der Grenzwert bei 140/90 gelegen. Entwickelt wurden die neuen Richtlinien von einer Expertengruppe des American College of Cardiology und der American Heart Association.
Die Zahl der von Bluthochdruck betroffenen Menschen wird in den USA durch die Richtlinienänderung von rund 72 Millionen auf 103 Millionen steigen – das ist knapp jeder dritte Bewohner. „Diese Zahlen machen Angst“, sagte Robert Carey von der University of Virginia der „New York Times“. Er war an der Erarbeitung der neuen Richtlinien beteiligt.
Dass sich die medizinische Bewertung des Bluthochdrucks überhaupt verändert hat, geht vor allem auf die sogenannte „Sprint“-Studie zurück. Sie wurde vor zwei Jahren in den USA veröffentlicht und kam zu dem Ergebnis, dass der Zielwert für den oberen systolischen Blutdruck sogar von 140 auf 120 gesenkt werden sollte. Folgeerkrankungen wie Herzschwäche oder Herz-Kreislauf-Tod seien auf diese Weise besser vermeidbar.
Viele Experten kritisierten die Ergebnisse jedoch und warnten davor, dass eine zu starke Blutdrucksenkung zu Nierenversagen und vorzeitigem Tod führen könne. „Den Empfehlungen der ‘Sprint‘-Studie hätte ich mich nicht anschließen können“, sagte etwa Professor Dr. Yvonne Dörffel, Leiterin der Medizinischen Poliklinik der Berliner Charité. Mit der jetzt in den USA vorgenommenen Änderung sei sie jedoch einverstanden: „Diese Senkung des Grenzwerts ist völlig vertretbar.“
Die Ärzte in Deutschland orientieren sich in ihrer Behandlungspraxis an den Leitlinien der Deutschen Hochdruckliga – diese haben allerdings nur empfehlenden Charakter. Würde der systolische Zielwert von bislang 140 auf 130 gesenkt werden, könnte die Zahl der Betroffenen auch hierzulande deutlich steigen. Nach Angaben der Deutschen Hochdruckliga hätte dann nicht mehr jeder dritte, sondern jeder zweite Deutsche Bluthochdruck.
Man werde die neuen US-Richtlinien sehr genau prüfen, erklärte Bernhard Krämer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hochdruckliga. „Persönlich gehe ich eher davon aus, dass man in Deutschland und in Europa dieser Vorgehensweise nicht eins zu eins folgen wird.“ Krämer verwies darauf, dass Menschen mit einem sogenannten hochnormalen Blutdruck bereits durch Änderungen im Lebensstil viel erreichen könnten. Von einem hochnormalen Blutdruck spricht man, wenn der systolische Wert zwischen 130 und 140 liegt.
Bluthochdruck steigert das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall, Herzschwäche, Erkrankungen der Herzkranzgefäße, Nierenversagen und sogar Demenz. Begünstigt wird zu hoher Blutdruck durch häufigen Alkoholkonsum, Rauchen, zu wenig Bewegung, salz- und fleischreiche Ernährung, aber auch durch die Einnahme von Schmerzmitteln wie Ibuprofen oder Paracetamol.
APOTHEKE ADHOC Debatte