USA

Daraprim: Shkreli knickt ein

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Berlin -

Der Gegenwind aus dem Internet hat Martin Shkreli offenbar beeindruckt. Nachdem bekannt geworden war, dass er den Preis für das Toxoplasmose-Mittel Daraprim (Pyrimethamin) auf 5555 Prozent erhöht hat, war ein regelrechter Shitstorm über den CEO von Turing Pharmaceuticals hereingebrochen. Gegenüber dem Nachrichtensender NBC News erklärte er jetzt, den Preis wieder senken zu wollen. Der neue Preis sei noch nicht bekannt, eine Entscheidung werde in den nächsten Wochen fallen.

Turing Pharmaceuticals kaufte Daraprim im August. Über Nacht explodierte der Preis des Präparats: Statt 13,50 US-Dollar (rund 12 Euro) sollte Daraprim nun 750 US-Dollar (etwa 670 Euro) kosten. Patienten, Pharmabranche und Experten machten ihrer Empörung vor allem im Internet Luft.

Sie warfen dem ehemaligen Hedgefonds-Manager Shkreli vor, er mache ein Geschäft mit Schwerstkranken. Gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg rechtfertigte er sich, man habe das Arzneimittel profitabel machen müssen. Die früheren Lizenzinhaber hätten das Arzneimittel bislang verschenkt.

Eine Therapie mit bis zu 100 Tabletten habe es um die 1000 Dollar gegeben – für ein lebensrettendes Medikament. Krebsmedikamente kosteten 100.000 Dollar und mehr, argumentierte Shkreli, andere Mittel gegen Infektionskrankheiten bis zu einer halben Million. Auch der heutige Preis für Daraprim sei im Vergleich zu Mitbewerbern noch zu niedrig.

Nun ruderte Shkreli zurück: Man habe versucht, den Menschen begreiflich zu machen, wie es zu der Preiskalkulation komme, sei aber damit gescheitert. „Ich glaube, es ist sinnvoll, auf die Wut der Menschen mit einer Preissenkung zu reagieren.“ Shkreli sagte, der Preis würde auf ein Niveau gesenkt werden, das dem Unternehmen immer noch erlaube, Profit zu machen, aber mindestens den Break-even zu erreichen.

In der Herstellung koste Daraprim etwa einen Dollar, den höheren Ertrag habe Turing in Forschungs- und Entwicklungsarbeiten investieren wollen. „Die Patienten verdienen ein sicheres, hochwirksames Arzneimittel. Das heutige Daraprim ist sieben Jahre alt“, sagte der 32-Jährige. Man wolle an der Verbesserung des Arzneimittels arbeiten – und das koste eben viel Geld. Es sei also nur fair, den Preis zu erhöhen, das sei langfristig eine Entwicklung zum Wohle der Patienten, sagte er im Interview mit Bloomberg.

In der bisherigen Kalkulation seien auch Kosten für Marketing und Vertrieb nicht berücksichtigt. Turing Pharmaceuticals sehe sich darüber hinaus als Partner der Patienten, eine Therapie mit Daraprim erfordere einen anderen Fokus, es sei schließlich etwas anderes als Schmerzmittel in der Apotheke zu kaufen, sagt Shkreli.

In einem öffentlichen Brief warnten die amerikanische Gesellschaft für Infektionskrankheiten und die HIV Medicine Association vor Kostenexplosionen auf dem Rücken von HIV-Infizierten, die auf die Medikation mit Daraprim angewiesen sein könnten. Die jährlichen Kosten für eine Behandlung von Toxoplasmose könnten auf bis zu 634.500 Dollar ansteigen.

Mit seiner aggressiven Preisstrategie hat Shkreli sogar die US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton auf den Plan gerufen. Am Montag kündigte sie via Kurznachrichtendienst Twitter an, gegen die Preisexplosion bei Medikamenten vorgehen zu wollen: „Eine derartige Preiserhöhung in einem so speziellen Markt ist unerhört. Morgen werde ich einen Plan vorlegen, um dagegen vorzugehen.“ Auch der Verband der amerikanischen Biotech-Hersteller PhRMA distanzierte sich von Shkrelis Praktik: „Turing Pharmaceuticals repräsentiert nicht die Werte von PhRMA-Mitgliedsunternehmen“, schrieb die Organisation auf Twitter.

Die FDA-Zulassung für Daraprim stammt von 1953. Ursprünglich wurde das Arzneimittel von Burroughs-Wellcome, heute GlaxoSmithKline (GSK), zur Behandlung von Malaria entwickelt. In Deutschland ist GSK noch heute Zulassungsinhaber.

Daraprim ist das einzige Medikament, das für die Behandlung von Toxoplasmose zugelassen ist. Die Infektionskrankheit kann vor allem für Schwangere und Menschen mit geschwächtem Immunsystem gefährlich, im schlimmsten Fall sogar tödlich sein. Generikaanbieter für den Wirkstoff Pyrimethamin gibt es in den USA bislang keine. 2010 verkaufte GSK die Marketingrechte an CorePharma, Turing kaufte das Präparat im August.

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