Die neue britische Premierministerin Theresa May trifft weitere Personalentscheidungen. Für eine Ernennung muss sie Kritik aus Deutschland einstecken: Es geht um den exzentrischen Boris Johnson. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die neue britische Premierministerin Theresa May inzwischen nach Deutschland eingeladen. Sie habe dies am Mittwochabend bei einem Telefonat mit May ausgesprochen, sagte Merkel. „Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Theresa May.“ Die Ernennung von Boris Johnson zum britischen Außenminister wollte die Kanzlerin nicht kommentieren.
Johnson ist einer der wichtigsten Befürworter des EU-Austritts Großbritanniens. „Ich glaube, unsere Aufgabe ist es, mit Regierungen befreundeter Länder sehr eng zusammenzuarbeiten“, sagte Merkel. „Die Welt hat genügend Probleme, um auch die außenpolitische Zusammenarbeit gut voranzubringen, so wie wir das in der Zusammenarbeit mit Großbritannien immer gemacht haben.“
Drei Wochen nach dem historischen Brexit-Votum war May am Mittwoch von Königin Elizabeth II. zur Nachfolgerin David Camerons ernannt worden. Ihre wichtigste Aufgabe wird es sein, Großbritannien aus der EU zu führen und negative wirtschaftliche Folgen zu mildern.
Nun wurden neue Änderungen in der Regierungsmannschaft bekannt: Bildungsministerin Nicky Morgan, die Nordirland-Ministerin Theresa Villiers, Kulturminister John Whittingdale und Justizminister Michael Gove verloren ihre Posten. Die britische Ministerin für Internationale Entwicklung, Justine Greening, ist künftig für Bildung zuständig. Umweltministerin Liza Truss wechselt in die Justiz. Gesundheitsminister Jeremy Hunt bleibe in seinem Amt, meldete die britische Agentur PA und korrigierte damit vorherige Angaben.
Die Ernennung Johnsons zum Außenminister stieß dabei auf Kritik aus Deutschland. Johnson sei nicht als herausragender Diplomat in Erscheinung getreten, sagte der stellvertretende SPD-Chef Ralf Stegner der Deutschen Presse-Agentur. Nach Ansicht der Grünen könnte die Ernennung die britischen EU-Austrittsverhandlungen belasten. Die Wahl lasse „Zweifel an den Fähigkeiten der neuen Premierministerin aufkommen“, sagte Fraktionschef Anton Hofreiter.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) forderte May auf, sich mit dem Austrittsantrag an die EU nicht mehr lange Zeit zu lassen. „Jetzt können wir auch erwarten, dass Theresa May möglichst bald die Phase der Unsicherheit beendet und den formellen Antrag auf Austritt aus der Europäischen Union stellt“, sagte Steinmeier der „Bild am Sonntag“ in einem vorab veröffentlichten Interview.
Die Ernennung des Austritt-Befürworters Johnson zum Außenminister wertete er als klares Signal, dass May das Ergebnis des Referendums ernst nehme und den Brexit umsetzen wolle.
Der neue britische Schatzkanzler Philip Hammond kündigte an, dass es für den Brexit kein Notfallbudget geben werde. „Wir werden tun, was nötig ist, um die Wirtschaft im Auge zu behalten“, sagte er in einem Fernsehinterview. Hammond war bislang Außenminister.
Die weiteren Änderungen im Kabinett: Der Abgeordnete David Davis kommt auf einen neu geschaffenen Ministerposten und ist für den Brexit zuständig. Finanzminister George Osborne trat zurück, könnte aber bei den Brexit-Verhandlungen eine wichtige Rolle spielen. Liam Fox, der 2011 von seinem Amt als Verteidigungsminister wegen der Verquickung von beruflichen und privaten Interessen zurücktrat, ist nun Minister für internationale Handelsbeziehungen. Mays Nachfolgerin im Innenministerium ist die Abgeordnete Amber Rudd. Michael Fallon bleibt Verteidigungsminister.
May ist die erste Frau an der Regierungsspitze seit dem Rücktritt von Margaret Thatcher 1990. Cameron, der für den Verbleib in der EU kämpfte, gab sein Amt wegen der schweren Niederlage beim Brexit-Referendum vom 23. Juni auf.
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