In Neuseeland dürfen Apotheker bereits seit 2012 das Antibiotikum Trimethoprim an Frauen abgeben. Die Voraussetzung – sie müssen eine Schulung belegt haben. Eine aktuelle Studie widerlegt frühere Einwände, dass die Freigabe zu einem verstärkten Einsatz des Antibiotikums führen könnte.
Eine Umfrage unter 28 Apothekern ergab ein positives Ergebnis zur Freigabe von Trimethoprim. Die zehn Männer und 18 Frauen arbeiten in 25 Apotheken in städtischen und ländlichen Gebieten. Die Anzahl an Kundinnen mit Blasenentzündungen variierte zwischen zwei oder drei Fällen pro Woche oder nur am Wochenende. Die meisten Kundinnen erfüllten jedoch die Kriterien zur Abgabe des Antibiotikums nicht – und wurden an den Arzt verwiesen oder mit anderen Medikamenten behandelt.
Die Apotheker haben eine spezielle Schulung zur Abgaben von Trimethoprim absolviert und arbeiten in der Beratung mit einem Screening-Tool und Patienteninformationen. Die Pharmazeuten beschreiben das Screening-Tool als hilfreich, da es alle wichtigen und nötigen Informationen für die Abgabe von Trimethoprim enthält. Keine Frage könne vergessen werden.
Die Patientinnen beschreiben die Möglichkeit, das Antibiotikum ohne Verschreibung in der Apotheke zu bekommen, als fabelhaft, schnell und einfach. Für die Beratung zu Trimethoprim zahlen die Betroffenen eine Gebühr zwischen 15 und 45 Neuseeländischen Dollar. Die Zahlung wird weitestgehend akzeptiert, brachte jedoch auch viele Frauen dazu, Cranberry-Präparate oder alkalisierende Produkte zu kaufen und vom Antibiotikum Abstand zu nehmen. Die Kosten und der Zeitaufwand in der Apotheke sind höher als beim Arzt.
Die Apotheker nehmen ihre Beratungsfunktion ernst und stellen den Patientinnen viele Fragen um herauszufinden, ob die Gabe von Trimethoprim notwendig ist und keine Gefahr darstellt. Die Betroffenen verstehen teils nicht, dass ihnen so viele und teilweise intime Fragen gestellt werden und dass sie das Antibiotikum nicht einfach kaufen können. Viele kommen in die Apotheke und denken, sie bekommen den Wirkstoff einfach so, und sind dann von dem langen Beratungsgespräch frustriert.
Wie auch vor dem OTC-Switch gab der Großteil der Apotheker weiterhin Präparate ab, die den Urin alkalisieren und zu einer Symptomlinderung führen. Mitunter hielten Apotheker die Gabe eines Antibiotikums für unnötig. Gerade am Wochenende sehen die Apotheker die zusätzliche Reserve aber als Vorteil, weil sie den Betroffenen den Gang in die Notaufnahme ersparen können. Die Ergebnisse der Befragung wurden im „International Journal of Clinical Pharmacy“ veröffentlicht.
Trimethoprim darf in Neuseeland seit 2012 von Apothekern ohne Rezept an Frauen zwischen 16 und 65 Jahren mit unkomplizierter Blasenentzündung abgegeben werden. Das Antibiotikum wird dann einmal täglich zu 300 mg über drei Tage eingenommen. Der Großteil der Apotheker ist froh, diese Möglichkeit zu haben.
Das Antibiotikum wirkt bakteriostatisch, da es die Dihydrofolatreduktase grampositiver und gramnegativer Keime blockiert. Die Hemmung des Folsäure-Stoffwechsels verhindert das Wachstum der Bakterien. Eine bakterizide Wirkung wird in Kombination mit Sulfamethoxazol erreicht. Die fixe Kombination der Wirkstoffe kommt bei Harnwegsinfekten, vor allem Blasenentzündungen der Frau, zum Einsatz und wird zweimal täglich nach dem Essen für drei bis fünf Tage eingenommen.
Ab Dezember dürfen Apotheker in Neuseeland auch die Pille ohne Rezept abgeben, vorausgesetzt der Arzt hat das Kontrazeptivum in den letzten drei Jahren verordnet. Die „Pille danach“ wurde bereits 2001 aus der Verschreibungspflicht entlassen. Wirkstoffe wie Sildenafil, Chloramphenicol, Adapalen und Oseltamivir sind in Neuseeland ebenfalls rezeptfrei in der Apotheke erhältlich.
Neuseeland gilt nach zahlreichen OTC-Switches in den vergangenen Jahren als eines der liberalsten Ländern in Sachen Selbstmedikation. Sogar zum Impfen können Patienten in die Apotheke gehen. Die Apothekerkammer hat die Entwicklung aktiv begleitet – und sich so erfolgreich gegen die Abwanderung von OTC-Medikamenten in den Mass Market gestellt.
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