Tödlicher Hustensaft: Ist der Hersteller verantwortlich? Sandra Piontek, 21.12.2022 08:26 Uhr
Nach dem Tod von 70 Kindern in Gambia, die Husten- oder Fiebersaft des indischen Herstellers Maiden eingenommen hatten, macht eine Untersuchungskommission das Unternehmen verantwortlich. Die am Dienstag in Banjul veröffentlichten Ergebnisse bestätigten den zuvor von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) geäußerten Verdacht, dass die Präparate akutes Nierenversagen auslösen. Das parlamentarische Untersuchungsgremium forderte die Regierung auf, den indischen Hersteller vor Gericht zu bringen.
In den Bericht waren Autopsieergebnisse von gestorbenen Kindern eingeflossen. Die importierten Medikamente des indischen Herstellers waren laut Laboranalysen verunreinigt und wiesen zu hohe Anteile der Stoffe Ethylenglycol und Diethylenglycol auf. Letzterer fand sich in der Vergangenheit immer wieder in gepanschten Hustensäften und führte zu Vergiftungs- und Todesfällen weltweit. Schon seit Anfang des Jahres waren rund 200 Fälle von schweren Nierenschäden bei Kindern unter fünf Jahren gemeldet worden, die ebenfalls auf die Produkte von Maiden zurückgehen sollen. Etwa 100 Kinder sind in der Folge gestorben.
Verbot von Erkältungssäften
Der indonesische Gesundheitsminister Budi Gunadi Sadikin teilte daraufhin mit, dass der Verkauf von allen flüssigen Medikamenten vorerst verboten sei. Nachdem Behörden die Maiden-Fabrik in Haryana untersucht hatten, wurden etliche Verstöße gegen Auflagen zur vorgeschriebenen Herstellungsanweisung festgestellt. Das Unternehmen liefert seine Produkte weltweit aus. Polen, Tunesien, Teile der USA und Russlands sind einige der Importeure.
Bereits im Oktober, kurz nach Bekanntwerden der Todesfälle, verbot die Regionalregierung im indischen Bundesstaat Haryana, wo die Firma ihren Sitz hat, die Produktion. Laut WHO gab es im September entsprechende Meldungen im Zusammenhang mit vier minderwertigen Produkten: Promethazin-Lösung zum Einnehmen, Kofexmalin Baby-Hustensaft (Pheniramin, Ammoniumchlorid, Menthol), Makoff Baby-Hustensaft (Chlorphenamin, Phenylephrin, Dextrometorphan) und Magrip N Erkältungssirup (Paracetamol, Chlorphenamin, Phenylephrin).
Drogenbeauftragter gibt grünes Licht
Dem gegenüber steht eine Aussage vom Hersteller selbst: Maiden Pharmaceuticals Ltd sagte am Freitag, dass es versuchen werde, seine Hauptfabrik wieder zu eröffnen. Grund sei eine Untersuchung von Indiens wichtigsten Drogenbeauftragten. Dieser bestätigte, dass Testproben von Hustensäften, die mit Todesfällen in Gambia in Verbindung gebracht wurden, zeigten, nicht kontaminiert seien und Regierungsnormen erfüllen. Die Anlage wurde geschlossen, nachdem die Weltgesundheitsorganisation im Oktober erklärt hatte, ihre Ermittler hätten in den Produkten "inakzeptable" Konzentrationen von Diethylenglykol und Ethylenglykol gefunden, die giftig sein und zu akuten Nierenschäden führen können.
Auf der eigenen Webseite des Herstellers wurde mit internationalen Qualitätsstandards geworben: „Alle in unseren Werken hergestellten Produkte entsprechen internationalen Qualitätsstandards und werden bei jedem Herstellungsschritt befolgt. Die Produktion erfolgt unter streng kontrollierten, vollklimatisierten Bedingungen in einer hygienischen Umgebung.“
Indien ist als Apotheke der Welt bekannt und stellt viele Medikamente kostengünstig besonders für ärmere Länder her. Gambia ist ein westafrikanischer Küstenstaat, der vom Senegal umschlossen wird. Dort leben etwa 2,4 Millionen Menschen, rund die Hälfte unter der Armutsgrenze.