Vor einem Jahr hatte die französische Supermarktkette Leclerc mit TV-Spots für eine Liberalisierung des Apothekenmarktes geworben. Jetzt rüttelt der Konzern an der Apothekenpflicht: Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs will Firmenchef Michel-Edouard Leclerc wenigstens freiverkäufliche und nicht erstattungsfähige Arzneimittel in den 560 Filialen seiner Franchise-Nehmer anbieten dürfen.
In dem TV-Spot, der seit einer Woche ausgestrahlt wird, liegt Madame G. krank im Bett und träumt von OTC-Medikamenten zu „Leclerc-Preisen“. Das Versprechen des Konzerns: „Falls wir morgen einen Anteil von 20 Prozent des Marktes haben, könnten die Preise um 50 Prozent fallen.“
Das derzeitige System sei an seine Grenzen gestoßen, schreibt Leclerc auf einer eigens eingerichteten Webseite. Der Wettbewerb im Arzneimittelsektor sei einzig durch die Aufhebung des Apothekenmonopols beim Verkauf nicht-erstattungsfähiger Medikamente durchzusetzen. Bei der letzten Kampagne für eine komplette Öffnung des Apothekenmarktes hatte Leclerc übrigens eine Absenkung des OTC-Preisniveaus um 25 Prozent in Aussicht gestellt.
Nachdem das Thema Fremdbesitz jetzt vom Tisch ist, sollen Kunden in den so genannten „Parapharmacies“ von Leclerc künftig bis zu 4000 OTC-Produkte kaufen können. Bislang werden in den Fachabteilungen der Lebensmittelmärkte nur Drogerieartikel angeboten. Insgesamt 134 Filialen sind entsprechend ausgestattet; mehr als sieben Millionen Kunden werden dort laut Firmenangaben pro Jahr bedient.
Die französischen Apotheker verzichteten diesmal auf rechtliche Schritte gegen die Werbekampagne, sagte eine Sprecherin der Apothekerkammer gegenüber APOTHEKE ADHOC. Im vergangenen Jahr hatte ein Gericht die TV-Kampagne von Leclerc für rechtmäßig erklärt. Den jetzigen Angriff auf die Apothekenpflicht kritisierten allerdings sowohl Apotheker als auch OTC-Hersteller als Banalisierung von Arzneimitteln.
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