Die Kollegen nerven, das Winterwetter sowieso. Da träumt sich mancher weg. Ein Apotheker in Norwegen sucht derzeit Mitarbeiter – und zwar in Deutschland. „Möchten Sie das wunderschöne Westnorwegen entdecken?“, fragt er in einer Stellenanzeige. Warum eigentlich nicht?
Anruf bei Jostein Brudevoll, dem Besitzer der Sunnfjordapotek in Førde. Er betreibt zwei Apotheken, plant zwei weitere und braucht deshalb neue Mitarbeiter. „Es ist nicht einfach, in Norwegen Apotheker zu finden, deshalb suche ich in Deutschland“, sagt er. Bevorzugt werden Vollzeit-Interessierte, aber auch eine Stelle in Teilzeit wäre möglich. „Bei uns sind auch Berufsanfänger und Wiedereinsteiger willkommen.“
Im Fernsehen klappt es häufig, warum nicht auch im richtigen Leben? Die Stadt Førde muss man erst auf der Landkarte suchen, doch hat man sie gefunden, möchte man am liebsten gleich hin. Wer Großstadt braucht, ist hier falsch, aber Naturfreunde werden es lieben. Førde liegt in Westnorwegen am Meer, ist von fünf Bergen mit den malerischen Namen Hafstadfjellet, Viefjellet, Førdenipa, Halbrendsnipa und Vieåsen umgeben und hat rund 13.000 Einwohner. Im Juli findet hier das größte Volksmusikfestival Norwegens statt. Schwimmen, Wandern, Skifahren, Stand Up Paddling, Kajak – kein Outdoor-Sportwunsch bleibt hier unerfüllt.
Wer Norwegisch spricht, ist im Vorteil, aber es ist keine Einstellungsbedingung. „Deutschen fällt es normalerweise leicht, Norwegisch zu lernen“, sagt Brudevoll. Die vielen deutschen Touristen, die nach Førde kommen, werden sich darüber freuen, auf Anhieb verstanden zu werden. Langfristig wird erwartet, die Landessprache zu erlernen. Bei der Wohnungssuche hilft der Chef: „Bei uns gibt es genügend Wohnraum, das ist kein Problem.“
In der „Sunnfjord Apotek“ freuen sich internationale Kollegen auf neue Mitarbeiter. „Wir haben zum Beispiel einen Pharmazeuten aus Serbien und einen Kollegen aus Sri Lanka, der seit 30 Jahren in Norwegen lebt“, erzählt Brudevoll. Er sucht normale Apotheker und Mitarbeiter mit Leitungsfunktion. „Die erste Bewerbung ist schon eingetroffen.“ Das Jahresgehalt liegt für Apotheker bei rund 500.000 norwegischen Kronen, das sind rund 51.800 Euro. Bei Apothekern mit Leitungsfunktion beginnen die Gehaltsverhandlungen bei 800.000 Kronen (82.900 Euro). Zum Vergleich: In Deutschland steigen Apotheker laut Tarifvertrag mit 3362 Euro ins Berufsleben ein, ab dem 11. Jahr können sie 4077 Euro verdienen. Wegen des Fachkräftemangels werden viele Apotheker allerdings über Tarif bezahlt.
Norwegen gehört zu den europäischen Ländern mit einem der höchsten Pro-Kopf-Einkommen der Welt, allerdings sind hier auch die Lebenshaltungskosten hoch. Der Mehrwertsteuersatz liegt bei 25 Prozent. Tabak, Alkohol und Benzin sind teurer als bei uns.
Apotheker Brudevoll ist einer der wenigen, die in Norwegen noch eine private Apotheke betreiben. Norwegen gilt als das erste Land in Westeuropa, in dem die Freigabe des Apothekensystems zu einem totalen Marktumbruch geführt hat. 2001 fiel das Fremd- und Mehrbesitzverbot, innerhalb von nur zwei Jahren kauften Phoenix, Celesio und Alliance Boots nahezu alle Apotheken auf. Die Zahl der Apotheken stieg insgesamt von 397 im Jahr 2001 auf 868 im vergangenen Jahr. Immerhin 133 Apotheken sind mittlerweile wieder in Privatbesitz.
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