Opioide

Staatsanwältin verklagt Oxycodon-Hersteller

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Berlin -

Wer ist schuld an der Opioid-Krise in den USA? Die Entwickler der Substanzen, die Ärzte oder sogar die Drogendealer? Der Süddeutschen Zeitung zufolge ist es kein anderer als der Milliardär Richard Sackler, der Präsident des Pharmakonzerns Purdue Pharma. Denn er habe sich nicht nur das in den Staaten hergestellte Medikament Oxycontin (Oxycodon) patentieren lassen, sondern auch Ärzte mit Geschenken und Überredungskunst dazu gebracht, das Medikament „nicht nur als akutes Schmerzmittel, sondern als Dauerwohlfühlmedikament zu verschreiben”. Und das brachte Sackler viel Geld.

Wenn Menschen an einer Arzneimittel-Überdosis sterben, stecken meist Opioide wie Heroin, Oxycodon, Tilidin oder Fentanyl dahinter. Sie lindern starke Schmerzen und sind ein Segen für Kranke, bei denen anderweitig keine Schmerzreduktion zu erreichen ist. Weniger Schmerzen bedeuten mehr Lebensqualität. Doch die Substanzen haben auch eine Schattenseite: Es kann zu einer Toleranzentwicklung kommen, bei der die Wirkung einer bestimmten Dosis eines Opiates beziehungsweise Opioids durch Gewöhnung immer geringer wird und eine gleichbleibende Wirkung nur durch Steigerung der Dosis erreicht werden kann. Betroffene, die diesen Gewöhnungseffekt erfahren, greifen deshalb zu mehr Tabletten. Doch das führt dazu, dass das Risiko für Nebenwirkungen durch immer höhere Dosen größer wird. Atemdepression und Todesfälle sind bekannte Folgen.

Aber nicht nur der analgetische Effekt ist von großer Bedeutung, manche Anwender schätzen die „gute Laune”, die manche Opioide nach der Einnahme verursachen. So hat beispielsweise Oxycodon ein bekanntes Euphorisierungspotenzial. In diversen Foren vergleichen Nutzer die Wirkung mit „gutem Heroin“. Zudem ist der Arzneistoff dafür bekannt, abhängig zu machen. In den USA sah sich der Hersteller Purdue Pharma jedoch nicht in der Verantwortung, darauf zu hinzuweisen. Im Jahr 2007 wurde er deshalb zu 634,5 Mio. US-Dollar Strafe verurteilt, weil er das in der Packungsbeilage nicht ausreichend gekennzeichnet hatte.

Opioide haben diverse Wechselwirkungen, beispielsweise verstärken Alkohol und Arzneimittel wie Hypnotika und Neuroleptika die zentralnervösen Effekte. Zudem kann eine unsachgemäße Handhabung zu einem schnelleren Anfluten des Wirkstoffs in die Blutbahn führen und unerwünschte Effekte hervorrufen. Doch für Personen, die das Mittel missbräuchlich verwenden, sind diese Wirkungen erwünscht.

Dass es einen Schwarzmarkt für Opioide und damit auch für Oxycodon gibt, ist kein Geheimnis. „Die Anleitung, das Medikament zu missbrauchen, lieferte Sacklers Firma gleich mit: Im Beipackzettel warnte sie vor der radikalen Wirkung der Pille, wenn man sie kaut oder zerbröselt und schnupft”, heißt es im Beitrag. Seit 1999 sollen 200.000 Amerikaner an einer Überdosis von Oxycontin und ähnlichen Präparaten gestorben sein. Für viele seien die Schmerzmittel zudem der Einstieg in eine noch schlimmere Sucht mit Heroin oder Fentanyl gewesen.

Als Präsident soll Sackler gezielte und aggressive Marketingmaßnahmen genehmigt und verfolgt haben, um den Verkauf von Oxycontin an Ärzte, Apotheker, Krankenschwestern und Wissenschaftler anzukurbeln. Ärzte brachte er dazu, „Oxycontin nicht nur als akutes Schmerzmittel, sondern als Dauerwohlfühlmedikament zu verschreiben“. Und das gelang ihm anscheinend. Der Süddeutschen Zeitung zufolge soll das Medikament den Sacklers Umsätze von 35 Milliarden Dollar beschert haben, das Familienvermögen schätze man auf 13 Milliarden.

In den Staaten gibt es seit den 90er Jahren immer wieder Bestrebungen, den Milliardär zur Rechenschaft zu ziehen, bislang erfolglos. Die Generalstaatsanwältin des Bundesstaats Colorado Cynthia Coffman verklagte kürzlich das Unternehmen, weil die „betrügerische und täuschende Vermarktung von verschreibungspflichtigen Opioiden eine bedeutende Rolle bei der Verursachung der Opioid-Epidemie Colorado und den Rest der Nation gespielt hat”. Weiterhin heißt es: „Purdues suchterregende Medikamente, kombiniert mit einem rücksichtslosen Marketing, haben Kinder ihrer Eltern und Familien ihrer Söhne und Töchter beraubt.“ Coffmann sagte außerdem, dass kein Geldbetrag geliebte Menschen zurückbringen könne, aber zumindest die enormen Kosten kompensieren, die Purdues absichtliches Fehlverhalten mit sich bringe.

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