Staat stellt OTC-Automaten auf Benjamin Rohrer, 26.04.2011 17:11 Uhr
In Schweden treibt der Wettbewerb auf dem Apothekenmarkt immer neue Blüten: Weil insbesondere im OTC-Bereich die Konkurrenz deutlich zugenommen hat, will die staatliche Apothekenkette Apoteket in den kommenden Monaten landesweit mehr als 100 Abgabeautomaten für OTC-Arzneimittel installieren. Die Terminals, an denen Apoteket auch Rezepte sammelt, werden gezielt vor der Tür von Tankstellen und Supermärkten aufgestellt.
Im November 2009 waren rund 200 OTC-Präparate aus der Apothekenpflicht entlassen worden. Seitdem dürfen Erkältungsmittel, Nasensprays, Antacida, Laxanzien, Entschäumer, Antimykotika, Mittel gegen Haarausfall, kortisonhaltige Dermatika, Analgetika sowie pflanzliche Beruhigungsmittel außerhalb von Apotheken verkauft werden.
Die Konkurrenz ist groß: Supermarktketten wie Seven Eleven und ICA sowie Tankstellen wie Shell, Statoil und OKQ8 haben Präparate zur Selbstmedikation ins Sortiment genommen. Insgesamt stehen den rund 1200 Apotheken 7000 Einzelhandelsgeschäfte gegenüber, in denen OTC-Produkte verkauft werden. Obwohl die Preise mitunter höher sind als in den Apotheken, wächst der Markanteil im Mass Market stetig. Dagegen hat Apoteket im vergangenen Jahr kontinuierlich Umsätze verloren.
Nun holt der Staatsbetrieb zum Gegenschlag aus: Rund 60 OTC-Medikamente sollen ab Sommer direkt in den Zugangsbereichen der neuen Konkurrenten an Automaten angeboten werden. Auch Plätze mit viel Publikumsverkehr kommen in Frage - im Zoo von Stockholm sei ein Automat geplant, sagt ein Unternehmenssprecher. Da in Schweden Arzneimittel nur an Personen ab 18 Jahren abgegeben werden dürfen, müssen sich die Käufer am Terminal mittels EC- oder Kreditkarte verifizieren.
Den Kunden verspricht Apoteket nicht nur einen günstigeren Preis, sondern auch einen besseren Service: Wer will, kann sich einem Apoteket-Sprecher zufolge am Terminal beraten lassen: „Die Kunden können von ihrem eigenen Telefon aus in unserem Call-Center anrufen.“ Die Maschine nimmt außerdem Rezepte an: „Die Medikamente werden in diesem Fall nicht direkt abgegeben, sondern an die Adresse des Patienten geschickt.“
Dass Medikamente überhaupt an Automaten abgegeben werden dürfen, ist eine Folge der Deregulierung im OTC-Bereich: Einzelhändler, die Arzneimittel abgeben wollen, müssen sich zwar bei der Behörde registrieren und bestimmte Vorgaben hinsichtlich der Lagerung beachten. Eine spezielle Schulung braucht das Personal aber nicht: Falls bei den Verbrauchern Bedarf nach Beratung besteht, sind die Angestellten verpflichtet, die nächste Apotheke zu nennen.
Solange sie einbruchssicher sind, sind laut Aufsichtsbehörde automatisch auch Automaten erlaubt. Apoteket ist nicht der erste Anbieter: Das Unternehmen „Green Cross“ hat seit Mitte vergangenen Jahres bereits 15 OTC-Terminals aufgebaut. Geplant sind Unternehmensangaben zufolge 150 Automaten, man suche derzeit nach geeigneten Plätzen, unter anderem in der Nähe von Universitäten, Urlaubsregionen, Flughäfen und Verkehrsknotenpunkten. Einer der drei Hauptaktionäre von „Green Cross“ ist übrigens der schwedische Tabakkonzern Swedish Match.