Skittles Partys

Russisch Roulette mit Tabletten

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Berlin -

So unschuldig ihr Name klingt, so dramatisch können die Folgen sogenannter „Skittles Partys“ für die Beteiligten werden. Das Phänomen ist zwar nicht neu, aber vor allem unter Jugendlichen in den USA nach wie vor populär: Eine Handvoll Medikamente mit einem kräftigen Schluck Alkohol herunterzuspülen, erscheint den Teilnehmern als besonderer Kick. 2013 ist ein Teenager an einer Überdosis gestorben. Jetzt spricht der Vater.

Das Spiel ist einfach: Jeder Partygast bringt alles an Medikamenten mit, was die elterliche Hausapotheke hergibt. Vor Ort werden alle Tabletten in einer Schale gesammelt, aus der jeder Jugendliche eine zufällige Auswahl einwirft. Die Hoffnung: Der schnelle Rausch.

Erst im November sind fünf Fälle in Kalifornien bekannt geworden, bei denen Teenager nach einer Überdosis ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten. Fernsehberichten zufolge geht es den Schülern inzwischen wieder gut. Dennoch riefen die Ereignisse einen Vater auf den Plan, dessen Sohn 2013 an den Folgen einer „Skittles Party“ verstorben war.

Gegenüber dem Lokalsender WVLT sagte der Vater: „Man macht sich mehr Sorgen über betrunkene Autofahrer als über Partys mit rezeptpflichtigen Tabletten.“ Diese seien aber ein großes Problem. Die Jugendlichen müssten besser aufgeklärt werden, schließlich seien die Medikamente genau so gefährlich wie andere Drogen. Der Vater appelliert an andere Eltern, insbesondere verschreibungspflichtige Arzneimittel an einem sicheren Ort aufzubewahren, zu dem die Kinder keinen Zugang haben. Es sei außerdem sinnvoll, einen Überblick zu haben, wie viele Tabletten in einer Packung noch enthalten sind – sodass eventuelle Entnahmen bemerkt werden können.

Laut einem aktuellen Bericht der Non-Profit-Organisation „Trust for America’s Health“ ist der Arzneimittelmissbrauch unter Jugendlichen ein wachsendes Problem. Der Bericht zeigt, dass die Zahl der Todesfälle durch Überdosierungen von Medikamenten bei den 12- bis 25-Jährigen in den vergangenen 15 Jahren dramatisch gestiegen ist. In 18 Bundesstaaten hat sich die Quote mehr als verdoppelt, in zwölf Staaten mehr als verdreifacht und in vier Staaten sogar vervierfacht. West Virgina führt das traurige Ranking an, North Dakota liegt auf dem letzten Platz.

Die gefährlichen Pillen-Partys gibt es schon relativ lange: 2002 erschienen die ersten Medienberichte, die über entsprechende Veranstaltungen berichteten – damals noch unter dem Namen „Pharming Party“. Aus den 1960er Jahren sind so genannte „Fruit Salad Parties“, also „Obstsalat-Partys“, überliefert – der Ablauf war ähnlich. Der Name „Skittles Party“ geht auf die bunten Kaubonbons „Skittles“ zurück, die es inzwischen auch in Deutschland zu kaufen gibt.

Ein ähnliches Phänomen war im Sommer in Großbritannien aufgetaucht: Unter dem Hashtag #paracetamolchallenge forderten sich Jugendliche in den sozialen Netzwerken Facebook und Instagram auf, möglichst große Mengen des Schmerzmittels Paracetamol einzunehmen. Die Spielregeln: Der Nominierte erfüllt die Challenge und filmt sich dabei. Das Video wird in den sozialen Netzwerken wie Facebook und Instagram geteilt. Der Kandidat nominiert weitere Personen aus seinem Netzwerk für die Mutprobe: Diese müssen innerhalb einer Frist die gleiche Übung absolvieren, das Video teilen und weitere Freunde nominieren. Medien und Polizei warnten vor dem Spiel.

Anscheinend handelte es sich bei der Paracetamol Challenge aber um einen Mythos: Der Internetdienst snopes.com, der sich der Aufklärung von Gerüchten und Legenden verschrieben hat, meldete bald Zweifel an der Echtheit des Hypes. Es habe keinen einzigen Beweis gegeben, dass die Challenge so tatsächlich stattfinde. Keine Suchanfrage zur Paracetamol-Challenge habe einen Treffer ergeben, bei dem Jugendliche bei der Einnahme des Schmerzmittels zu sehen gewesen seien.

Vielmehr fanden sich Tweets und Postings, die Teenagern davon abrieten, an der Challenge teilzunehmen, oder Links zu Medien, die von dem vermeintlichen Trend berichteten. Auch der britische Apothekerverband warnte vor dem Spiel und bat die Apotheker um besondere Vorsicht bei der Abgabe von Paracetamol – insbesondere an jüngere Menschen.

Auslöser für die Berichterstattung war offenbar der Fall eines schottischen Schülers, der nach der exzessiven Einnahme von Paracetamol ins Krankenhaus eingeliefert worden war. In der Folge meldete sich eine Mutter zu Wort, deren 19-jährige Tochter im Jahr 2011 an einer Paracetamol-Überdosis gestorben war. Einen Zusammenhang zur vermeintlichen Paracetamol-Challenge gab es nicht.

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