Schweiz

Zur Rose gewinnt Praxiskette

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Berlin -

Zur Rose erlebt einen fulminanten Sommer: Die Gruppe ist an die Börse gegangen; parallel wurde die erste Miniapotheke in einer Filiale der Supermarktkette Migros eröffnet. Damit kam auch gleich ein neuer Großkunde für die Sparte Praxisgroßhandel dazu: Künftig beliefert Zur Rose die Migros-Tochter Medbase exklusiv mit Medikamenten.

Migros betreibt neben Supermärkten auch das größte Netzwerk in der ambulanten medizinischen Grundversorgung der Schweiz. Seit mehr als 30 Jahren gehören Sport- und Golfparks und Fitnesszentren zur Genossenschaft. 1 Prozent des Umsatzes steckt die Gruppe in eigene Gesundheits- und Bildungsprojekte.

Zu diesem Bereich gehört auch Medbase mit 37 physiotherapeutischen Gesundheitszentren. Zu ihnen zählen die 23 ehemals unter Santémed firmierenden Gemeinschaftspraxen, in der je nach Standort auch Gynäkologen, Dermatologen, Kinder- und Jugendmediziner sowie Psychiater tätig sind. Insgesamt arbeiten in dem Bereich rund 950 Beschäftigte.

Ein wichtiger Schwerpunkt ist die Sportmedizin, die Gesundheitsprävention und Rehabilitations- und Integrationsmedizin. Kunden der Migros-Märkte können von Kombiangeboten profitieren. Nach eigenen Angaben betreut die Medbase-Gruppe aktuell 450.000 Patienten, die insgesamt für 1,8 Millionen Praxisbesuche sorgen.

Der Exklusivdeal sorgt also für viel Umsatzpotenzial bei Zur Rose. Im Bereich des Praxisgroßhandels liegt Zur Rose mit einem Marktanteil von 23 Prozent auf Rang 2 hinter Galenica; der Pharmahändler hatte sich zuletzt mit Pharmapool einen kleineren Konkurrenten einverleibt. Weitere 28 Prozent werden direkt von den Herstellern an die Praxen geliefert, das restliche Viertel teilen sich Apotheken und andere Lieferanten. Zur Rose erzielte zuletzt 350 Millionen Schweizer Franken in dem Bereich, insgesamt kam Zur Rose in der Schweiz auf Erlöse von 470 Millionen Franken.

Die Zusammenarbeit mit Medbase soll über die Medikamentenbelieferung hinaus gehen: „Die beiden Partner entwickeln für ihre Patienten durch Kombination ihrer medizinischen und pharmazeutischen Kompetenz ein integriertes Modell, das eine Verbesserung der Versorgung ermöglicht“, heißt es. Gut denkbar also, dass Zur Rose demnächst als Versandapotheke Rezepte direkt in den Praxen abfischt.

Zusätzlich zu den gemeinsamen Dienstleistungen und Angeboten lancieren Zur Rose und Medbase eine Internetseite mit Beiträgen zu medizinischen, pharmazeutischen und therapeutischen Themen. Auch hier eröffnet sich vor allem für die Versandapotheke eine neue Geldquelle: Abgestimmt auf die Inhalte des Webangebots werden Gesundheitsprodukte angeboten, die über den Online-Shop bezogen werden können.

Gerade erst hat Zur Rose eine erste Miniapotheke in einer Berner Filiale der Supermarktkette Migros eröffnet. Die Apotheke entspricht dem Markenbild von Zur Rose und hebt sich von der restlichen Fläche ab. Sie ist in der Nähe des Kosmetik- und Gesundheitssortiments platziert. Die Apotheke an der Marktgasse ist ein Pilotprojekt.

Ist das Konzept erfolgreich, sollen bald zusätzliche Shop-in-Shop-Apotheken in weiteren Migros-Filialen folgen. Die kleinflächige Apotheken sollen als Shop-in-Shop-Konzept geführt werden. Dank Rowa-Kommissionierer kann mitten im Markt auf einer Fläche von weniger als 50 Quadratmetern das volle Sortiment angeboten werden. Dabei gelten dieselben Konditionen wie in der Versandapotheke, außerdem können die sogenannten Cumulus-Punkte von Migros gesammelt werden.

Einen Bericht der Aargauer Zeitung, wonach in etwa 50 Supermärkten eine Apotheke geplant ist, wollte eine Migros-Sprecherin nicht bestätigen. Zunächst werde das Konzept ein Jahr lang getestet, danach über einen Roll-out entschieden. Infrage kämen Standorte mit entsprechender Frequenz und ausreichend Platz.

Für die Genossenschaft ist das Shop-in-Shop-Konzept ein Novum: Zum ersten Mal erlaubt Migros einem Drittunternehmen die permanente Nutzung ihrer Filialfläche zu Geschäftszwecken. Apotheken selbst zu betreiben, sei keine Option, so die Sprecherin.

Am 6. Juli ging Zur Rose zudem an die Schweizer Börse. Knapp 6 Millionen Aktien können ab sofort an der SIX Swiss Exchange gehandelt werden. Bei einem aktuellen Kurs von 151 Schweizer Franken wird die Gruppe damit mit mehr als 900 Millionen Franken bewertet. 72 Prozent der Anteile befinden sich in Streubesitz, Großaktionäre sind die Unternehmerfamilie Frey mit 14,5 Prozent und das saudische Königshaus mit 5,8 Prozent. Das Management hält 7,2 Prozent. Durch die Ausgabe von 1,4 Millionen neuen Aktien sind der Gruppe knapp 200 Millionen Franken zugeflossen.

Die Nachfrage war groß, das Orderbuch mehrfach überzeichnet. Der Platzierungspreis lag mit 140 Franken am oberen Ende der Preisspanne. Zugegriffen haben laut Zur Rose institutionelle Investoren aus Europa – vor allem der Schweiz, Deutschland und Großbritannien – und den USA sowie Privatanleger aus der Schweiz. Bis August können die Syndikatsbanken weitere Aktien im Wert von 33 Millionen Franken ausgeben.

Die aus dem Börsengang zufließenden Mittel sollen für den Ausbau der Marktführerschaft der Gruppe in Deutschland, die Expansion in andere ausgewählte europäische Märkte, die Entwicklung von integrierten Digitalisierungsinitiativen und die Nutzung der bei jeder Transaktion gewonnenen Daten genutzt werden. 50 Millionen Franken gehen für die Rückzahlung der im Dezember fällig werdenden Unternehmensanleihe drauf. „Wir wollen unsere Marktführerschaft im Arzneimittelversandhandel weiter ausbauen“, sagte CEO Walter Oberhänsli dem Nachrichtenmagazin Focus: „DocMorris entwickelt sich Schritt für Schritt vom Arzneimittelhändler zum digitalen Gesundheitsberater.“

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