Schweiz

Pilotprojekt: Cannabis vom Apotheker Maria Hendrischke, 21.03.2016 08:00 Uhr

Berlin - 

Etwa 500.000 Schweizer kiffen – obwohl Cannabis eine illegale Droge ist. Ein Pilotprojekt soll daher die kontrollierte Abgabe von Cannabis testen. Berner Apotheken sollen der Verkaufspunkt sein und das Kraut legal an Teilnehmer einer Studie abgeben. Die Politiker sperren sich gegen den Vorstoß – die Berner Apotheker zeigen sich aufgeschlossen.

Das Projekt soll vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern erarbeitet und durchgeführt werden. Die Stadt Bern soll in 18 Studienbezirke aufgeteilt werden. In jedem Bezirk sollen eine bis drei Apotheken an dem Projekt als Cannabis-Abgabestellen teilnehmen.

Die Berner Apotheker stehen dem Projekt grundsätzlich positiv gegenüber: „Wir freuen uns, dass wir einbezogen werden sollen“, sagt Martin Emch, Präsident des Stadtbernischen Apothekervereins. Vor ein paar Wochen habe ihn die Projektleitung angesprochen und gefragt, ob die Berner Apotheker Cannabis abgeben würden. „Wir haben Erfahrungen mit Substitutionsbehandlungen und können diese Kompetenz einbringen.“

Mit 100 bis 1000 Probanden rechnen die Studieninitiatoren. Es ist vorgesehen, dass Apotheken Cannabis nur an mindestens 18-Jährige mit Wohnsitz Bern abgeben. Die Probanden müssen bereits Erfahrung mit dem Kiffen haben. Zudem dürfen sie nicht schwanger oder in psychiatrischer Behandlung sein. Auch bestimmte Medikamente einzunehmen ist ein Ausschlussgrund.

Die Probanden können nicht unbegrenzt viel Cannabis kaufen. Pro Person ist die Abgabe auf fünf Gramm pro Apothekenbesuch und 15 Gramm pro Monat gedeckelt. Da sich die Studienteilnehmer ausweisen müssen, können die Apotheken den Verbrauch überwachen.

Dreißig Monate soll das Projekt laufen. „Es soll langsam anfahren, mit einer oder zwei Apotheken starten, und dann ausgeweitet werden.“ Emch geht davon aus, dass die teilnehmenden Apotheker zuvor geschult würden: „Aber es gibt noch keine konkreten Pläne.“

Woher das Cannabis bezogen werden soll, ist noch nicht geklärt. Außerdem steht nicht fest, wie viel Geld die Studie kosten wird. Schon für die Ausarbeitung des Projektplans werden 20.000 Schweizer Franken veranschlagt. „Wie die Studie finanziert wird und welche Vergütung die teilnehmenden Apotheken erhalten, ist auch noch unklar“, sagt Emch. Die Stadt Bern hofft aus Zuschüsse aus dem Nationalfonds.

Ob das Modellprojekt umgesetzt wird, entscheidet das Bundesamt für Gesundheit (BAG) – allerdings erst in der zweiten Jahreshälfte. Denn auch die Städte Genf, Zürich und Basel wollen bis dahin Projektvorschläge erarbeiten und gemeinsam mit dem Berner Vorstoß einreichen.

Was von den anderen Städten geplant wird, weiß Emch nur in groben Zügen: „Aber nicht überall sollen Apotheken einbezogen werden.“ Zum Teil werde in Erwägung gezogen, das Cannabis in Coffeeshops – in der Schweiz „Social Clubs“ genannt – zu verkaufen. Doch das sei weder für Anwohner der Clubs noch für alle Konsumenten angenehm: „Denn in einer Apotheke kann der Stoff diskreter abgegeben werden“, so Emch.

Gegen das Berner Pilotprojekt regt sich Widerstand. 2008 hatten sich die Schweizer in einer Volksabstimmung gegen die Legalisierung von Cannabis entschieden. Doch illegale Drogen dürfen im Rahmen wissenschaftlicher Studien trotzdem verwendet werden, argumentiert die Firma Pharmalex, die zu der Frage ein juristisches Gutachten erstellt hat.

Der Große Rat des Kantons Bern spricht sich gegen das Vorhaben aus. Social Clubs hat der Rat bereits 2014 abgelehnt. Aus Sicht des Rats gibt es auch für ein wissenschaftliches Projekt keinen rechtlichen Spielraum. Auch die SVP-Nationalrätin Andrea Geissbühler will den Modellversuch verhindern und prüft dazu parlamentarische Schritte. Die CVP verweist laut Bericht der Neuen Zürcher Zeitung darauf, dass Cannabis mit einer Teillegalisierung nicht verharmlost werden dürfe.

Auch in Deutschland gibt es politische Vorstöße, Cannabis kontrolliert zu verkaufen. In Bremen und Berlin-Kreuzberg gab es entsprechende Anträge. Beim Berliner Antrag wurden auch Apotheken als Verkaufspunkte in Erwägung gezogen.