Eine Apotheke für die Nacht Julia Pradel, 30.11.2013 09:05 Uhr
Eine bessere Verzahnung der ambulanten Notfallversorgung bei Ärzten und Apothekern: So lautet eines der im Koalitionsvertrag festgelegten Ziele von Union und SPD. Die Umsetzung könnte schwierig werden, da die beiden Systeme grundsätzlich verschieden organisiert sind. In der Schweiz gibt es – dank liberaler Gesetze – eine einfache Lösung: In Basel betreibt der Apothekerverband eine Apotheke, die immer dann geöffnet hat, wenn alle anderen geschlossen sind.
Die Notfall-Apotheke liegt im Zentrum von Basel, direkt gegenüber der Notfallstation des Universitätsspitals. Sie hat in der Woche von 17 bis 8 Uhr morgens geöffnet, am Samstag ab 16 Uhr und an Sonn- und Feiertagen durchgehend. Die Apotheke ist zu diesen Zeiten die zentrale Anlaufstelle für Patienten – die anderen Apotheken haben geschlossen. Einen wechselnden Notdienst gibt es in Basel nicht.
Die Apotheke erfüllt seit 2004 den Notdienst für alle 200.000 Einwohner des Kantons. Früher hätten immer zwei Apotheken den Notdienst leisten müssen, wöchentlich sei gewechselt worden, berichtet Renate Allemann, Geschäftsführerin der Notfall-Apotheke. Seit es ihre Einrichtung gebe, entfalle der Dienst für die anderen Apotheken.
Die Notfall-Apotheke gehört mehrheitlich dem Baselstädtischen Apotheker-Verband. Die Apotheke finanziere sich selbst, zur Zeit liege das Geschäft bei plus/minus Null, schätzt sie. „Die Apotheker müssen nicht draufzahlen.“
Subventionen vom Staat bekomme die Apotheke nicht. Patienten, die außerhalb der normalen Öffnungszeiten – abends ab halb sieben – kämen, müssten allerdings eine Notfallpauschale von 17,30 Franken zahlen, das entspricht etwa 14 Euro. Auf diese Pauschale sei die Apotheke aber auch angewiesen, betont Allemann.
Die Notfall-Apotheke hat laut Allemann etwa 30 Mitarbeiter. Sie und die zweite Geschäftsführerin Susanne Thürkauf arbeiteten in Vollzeit, die übrigen Angestellten in Teilzeit. Viele seien Mütter oder hätten eine zweite Teilzeitstelle in einer Tagesapotheke, sagt Allemann. In einer durchschnittlichen Nacht seien zwei bis drei Mitarbeiter anwesend, an Sonn- und Feiertagen fünf bis sechs.
Nicht nur durch die vielen und unregelmäßig arbeitenden Angestellten unterscheidet sich die Notfall-Apotheke von gewöhnlichen Apotheken: Regulär wird die Apotheke nur einmal am Tag beliefert. Am Morgen, nach Dienstende, gibt der verantwortliche Apotheker die Bestellung beim Großhändler auf, am Nachmittag wird geliefert. Assistenten sorgen dann dafür, dass abends wieder alles bereit für die nächste Nacht ist.
Werden dringend Arzneimittel benötigt, kann die Notfall-Apotheke auch in der Nacht noch Bestellungen aufgeben, die noch in der zweiten Nachthälfte beliefert werden. An Sonn- und Feiertagen gibt es eine Extra-Tour nur für die Nachtapotheke.
„Wir haben ein sehr breites Sortiment und können fast alles abdecken“, sagt Allemann. Der Schwerpunkt liege auf Antibiotika und Schmerzmitteln, aber auch die „Pille danach“ werde häufig abgegeben. Arzneimittel für Chroniker hingegen, zum Beispiel Blutdruckmittel, machen einen eher kleinen Teil aus. „Da haben wir eher kleine Packungen“, so Allemann.
Rund 5000 Arzneimittel sowie verschiedene Sanitäts- und Gesundheitsprodukte liegen im Lager. Bei Generika würden pro Wirkstoff zwei bis drei Präparate vorrätig gehalten, bevorzugt von Herstellern mit einer breiten Produktpalette.
Eine Apotheke, die nur in der Nacht sowie an Sonn- und Feiertagen geöffnet hat, das ist laut Allemann auch in der Schweiz einmalig. In anderen Kantonen gebe es Apotheken, die sehr lange oder rund um die Uhr geöffnet hätten und die Notfallversorgung übernähmen. In einigen Kantonen könnten Ärzte auch selbst Arzneimittel abgeben – dort spielen Apothekennotdienste eine entsprechend untergeordnete Rolle.
Allemann ist überzeugt, dass sich die Notfall-Apotheke inzwischen sehr gut etabliert hat. „Von den Kunden gibt es durchweg positives Feedback.“ Die Patienten müssten nicht mehr nach der zuständigen Apotheke suchen, sondern wüssten genau, wo sie im Ernstfall Arzneimittel bekommen.