In der Schweiz dürfen kombinierte orale Kontrazeptiva nicht mehr als Mittel gegen Akne beworben werden. Das Heilmittelinstitut Swissmedic hat seine Vorgaben entsprechend verschärft. Der Einsatz der Hormonpräparate als Mittel für die Haut sei aufgrund der möglichen Nebenwirkungen nicht zulässig.
Bisher war es den Herstellern erlaubt, mit dem „positiven Nebeneffekt“ der Pillen zu werben. Das galt vor allem für Kontrazeptiva der neueren Generation mit den Gestagenen Chlormadinonacetat oder Drospirenon. Swissmedic verlangt nun eine Streichung der Hinweise auf Vorteile bei Akne in den Produktinformationen. Als Grund gibt die Behörde das erhöhte Risiko von venösen Thromboembolien (VTE) an.
Die Streichung der Informationen betrifft laut Swissmedic mehrere Hersteller in der Schweiz: Actavis, Bayer, Berlis, Dermapharm, Effik, Gedeon Richter, Mepha, Sandoz und Spirig.
Durch die antiandrogen wirkenden Gestagene werden die neueren Pillen häufig Mädchen und jungen Frauen verschrieben, die Hautprobleme haben. Laut Swissmedic haben die Hersteller bisher in ihren Arzneimittelinformationen unter den Rubriken „Indikationen/Anwendungsmöglichkeiten“ und „Eigenschaften/Wirkungen“ explizit auf die antiandrogene Wirkung hingewiesen.
So hieß es beispielsweise in den Patienteninformationen von Ladonna (Sandoz) bisher: „Zusätzlich wird durch Ladonna aufgrund seiner Eigenschaften die Talgproduktion der Haut vermindert, wodurch Akne und Seborrhö (fettige Haut) verbessert werden.“ Swissmedic stellt nun klar, dass Präparate mit Chlormadinonacetat oder Drospirenon zur Kontrazeption zugelassen sind und nicht zur Behandlung von Akne. Bei Hautproblemen gebe es schließlich andere Therapiemöglichkeiten, bei denen keine Gefahr für Thrombosen bestehe.
Grundlage für die Sicherheitsmitteilung seien die Ergebnisse der im Januar 2014 abgeschlossenen Nutzen-Risiko-Überprüfung der europäischen Arzneimittelbehörde EMA. Swissmedic sowie die EMA gehen bei 10.000 Frauen, die eine Pille mit Gestoden, Desogestrel oder Drospirenon einnehmen, von neun bis zwölf VTE-Fällen pro Jahr aus. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis sei demnach weiterhin als positiv zu bewerten. Bei Chlormadinon fehlen bislang belastbare Daten.
Die Behörde hat zudem die Arzneimittelinformationen aller in der Schweiz zugelassenen kombinierten Kontrazeptiva in Bezug auf Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bezüglich der Risiken einer Thrombose aktualisiert, vereinheitlicht und für eine verständlichere Version überarbeitet. Außer der Streichung der Hinweise auf Aknebehandlung bleibt die Swissmedic bei ihrer Einschätzung zu den Risiken.
So sei bei der Einnahme zu beachten, dass das VTE-Risiko gegenüber der Nichtanwendung erhöht sei, jedoch nicht so hoch wie während der Schwangerschaft und dem Wochenbett. Zudem deuteten aktuell verfügbare Daten darauf hin, dass Kontrazeptiva, die Levonorgestrel, Norgestimat oder Norethisteron als Gestagen enthalten, unter den Antibabypillen das niedrigste Risiko für eine Thrombose mit sich brächten.
Bei der Entscheidung für eine Pille sollen die verschreibenden Ärzten laut Swissmedic die Risikofaktoren der einzelnen Frauen berücksichtigen. Im Laufe des Lebens können sich die Faktoren ändern, weshalb die Ärzte diese mit ihren Patientinnen regelmäßig neu beurteilen sollen. Da das Risiko für eine VTE erhöht ist, wenn neu mit der Einnahme eines Präparates begonnen wird, sei eine Absetzung nach über einem Jahr der Anwendung im Hinblick auf das VTE-Risiko nicht notwendig.
Des Weiteren weist Swissmedic – ebenso wie das BfArM – Ärzte dazu an, ihre Patientinnen auf die Risiken der hormonellen Verhütung hinzuweisen. Außerdem soll eine Sensibilisierung bei den Anwenderinnen für das Thema stattfinden und sie sollten wissen, auf welche Anzeichen für eine Thrombose sie achten müssen.
In Deutschland war zuletzt durch den von der Techniker Krankenkasse (TK) vorgestellte „Pillenreport“ medienwirksam auf das erhöhte Thromboserisiko bei neueren Pillengenerationen hingewiesen worden. Viele Anwenderinnen würden laut des Reports die Pille als Lifestyle-Produkt wahrnehmen. Schuld daran sei zum einen die mangelnde Aufklärung sowie die Formulierungen der Hersteller, welche positiven Nebeneffekte die Hormonpräparate hätten.
APOTHEKE ADHOC Debatte