Die Apotheker im Kanton Zürich dürfen künftig Patienten impfen – auch ohne ärztliche Verschreibung. Das hat der Regierungsrat beschlossen. Das zusätzliche niederschwellige Impfangebot soll dazu beitragen, die Durchimpfungsraten zu steigern. Die Änderung, die laut Regierungsrat vom Apothekerverband und der Ärztegesellschaft unterstützt wird, tritt im September in Kraft – rechtzeitig für Impfungen gegen die kommende saisonale Grippe.
Ab Herbst dürfen Apotheken gegen Grippe und Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) impfen. Außerdem sollen sie die Folgeimpfungen gegen Hepatitis A, B sowie A und B durchführen dürfen, wenn die erste Impfung durch einen Arzt erfolgt ist. Voraussetzung ist, dass die Pharmazeuten über die nötige Aus- oder Weiterbildung verfügen und eine Bewilligung der Gesundheitsdirektion haben.
Die Freigabe ist mit klaren Vorgaben verbunden. So dürfen nur gesunde Personen ab 16 Jahren geimpft werden. Die Apotheker müssen, neben der geforderten Aus- oder Weiterbildung, „stets auf dem neusten wissenschaftlichen Stand in Sachen Impfstoffe, Impfplan etc. bleiben“. Damit besteht für sie eine Fortbildungspflicht.
Mit der Liberalisierung im Impfbereich nimmt der Kanton Zürich laut Regierungsrat „eine Vorreiterrolle in der Schweiz“ ein. Auch andere Kantone prüften demnach derzeit, ob es Apothekern erlaubt werden solle, gewisse Impfungen ohne ärztliche Verordnung vorzunehmen. „Bis zum heutigen Zeitpunkt ist aber in keinem anderen Kanton eine Freigabe erfolgt.“
Nach Angaben des Regierungsrats verfügen derzeit etwa 50 Apotheker im Kanton über die erforderliche Weiterbildung. Wie viele von ihnen eine Bewilligung beantragen werden, sei aber noch offen.
Die Änderung hatte die Zürcher Gesundheitsdirektion bereits Ende März vorgelegt. Mit der Freigabe sollen die Durchimpfungsraten verbessert werden, insbesondere die von Bevölkerungsgruppen, die aufgrund ihres guten Gesundheitszustands selten zum Arzt gingen. In vielen Ländern würden Routineimpfungen zudem bereits von Apothekern vorgenommen.
Im Zusammenhang mit der Volksabstimmung über die ärztliche Medikamentenabgabe sei darüber hinaus signalisiert worden, dass den Apothekern neue Möglichkeiten für Dienstleistungsangebote eröffnet werden sollten, argumentierten die Antragsteller bereits 2013. Die Regelung ist Teil eines Kompromisses, denn seit 2012 dürfen Ärzte in Winterthur und Zürich selbst dispensieren. Den Apotheken machten die Einnahmenverluste zu schaffen.
Die Ärztegesellschaft unterstützte das Vorhaben grundsätzlich. Man habe eine liberale Lösung bei der Medikamentenabgabe gefunden, nun müsse man diese auch beim Impfen anstreben, so der AGZ-Präsident und CVP-Kantonsrat Josef Widler im März. Die Vorgaben für die Apotheker seien streng und würden damit die Sicherheit für die Patienten garantieren.
Erst kürzlich haben die Apotheker mehr Kompetenzen erhalten: Im Dezember hat der Ständerat entschieden, dass Apotheker künftig einige verschreibungspflichtige Arzneimittel auch ohne Rezept an Patienten abgeben dürfen, und damit dem Nationalrat zugestimmt. Allerdings müssen auch die Apotheker Einschränkungen hinnehmen: Drogerien sollen künftig alle nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel verkaufen dürfen. Einige Medikamente sollen sogar in Supermärkten erhältlich sein.
Differenzen gibt es bei der Frage, ob Patienten auf ein Rezept verzichten können – wenn der Arzt beispielsweise das Präparat selbst abgibt. Der Nationalrat hatte sich dafür ausgesprochen, der Ständerat hat die Bestimmung allerdings – dem Willen der Ärzte gemäß – aus dem Gesetzentwurf gestrichen.
Umstritten ist auch, welche Regelungen für Versandapotheken gelten sollen. Bislang dürfen auch nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel nur versendet werden, wenn ein Rezept vorliegt. Der Nationalrat wollte die Regelung ausweiten und festlegen, dass die Verordnung bereits vor der Bestellung vorliegen muss. Auf diese Weise sollte die Praxis unterbunden werden, dass Versandapotheken das Rezept selber besorgen. Der Ständerat sprach sich gegen eine Änderung aus.
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