In der Schweiz wird über eine Neugestaltung der Handelsmargen für Apotheken und Großhandel diskutiert. Auf diese Weise sollen teure Arzneimittel unattraktiv gemacht werden. Innenminister Alain Berset, in dessen Ressort die Gesundheitsversorgung fällt, ist unter Druck: Während es eine Preisexplosion bei den Hochpreisern gibt, verfallen die Preise im unteren Segment. Doch so richtig traut sich die Regierung nicht.
In der Schweiz erhalten die Apotheker eine Marge von 12 Prozent; zusätzlich gibt es einen Fixzuschlag, der im unteren Bereich je nach Preis zwischen 4 und 16 Franken liegt. Ab 800 Franken gibt es ein Fixum von 60 Franken und eine Marge von 7 Prozent. Ab 1800 Franken ist die Vergütung auf insgesamt 240 Franken gedeckelt. Zusätzlich wird eine Beratungspauschale abgerechnet: 4,30 Franken pro Rezeptzeile plus 3,20 Franken pro Bezug.
Die Fixpauschale war bereits 2001 eingeführt worden und sollte die Apotheker von der Preisentwicklung abkoppeln. Doch zuletzt sind die Handelsspannen unter Druck geraten, weil viele Schnelldreher in niedrigere Gruppen gerutscht sind, für die es dann nicht nur weniger prozentuale Marge, sondern auch ein geringes Fixum gibt. Ein Spannenverfall um die Hälfte ist keine Seltenheit.
Die aktuelle Debatte um die Stärke des Franken hat auch den Druck auf die Arzneimittelpreise wieder befeuert. Zwar ist der Gesamtmarkt weitgehend stabil, doch wie hierzulande bringen die Kosten von Sovaldi & Co. die Gesundheitspolitiker unter Zugzwang. Einem Preisschnitt im oberen Bereich würden die Apotheker entspannt entgegen sehen: Einerseits ist ihr Honorar ohnehin gedeckelt, sodass Extremprodukte für sie schon heute unattraktiv sind. Andererseits findet das Geschäft in der Regel gar nicht in der Offizin, sondern in den Kliniken statt.
Doch Berset will nicht die Herstellerpreise anpacken, sondern die Margen im Vertriebsweg. Unerwünschte Anreize, ein teureres Medikament abzugeben, seien in allen Vertriebskanälen vorhanden, schreibt das Innenministerium (EDI). Daher werde man prüfen, wie diese verringert werden könnten: „Ziel ist, den Anteil der preisgünstigen Medikamente, insbesondere der Generika, zu erhöhen. Das EDI wird zudem gewisse Parameter aktualisieren, die bei der Berechnung des Vertriebsanteils berücksichtigt werden.“
Viel Spielraum haben die Politiker unter dieser Prämisse freilich nicht, zumal sie auch vor einer einheitliche Pauschale ohne Staffelung im unteren Bereich zurückschrecken. Allzu groß ist die Angst, gigantische Handelsaufschläge bei Niedrigpreisern rechtfertigen zu müssen.
Auch Unterschiede bei den Vertriebskanälen – Apotheken, selbstdispensierende Ärzte – soll es nicht geben: Mit dem Ergebnis, dass es unter dem Strich keinen Preisunterschied gibt, hat eine Studie des EDI die politische Debatte entschärft. Und den Ärzten wollen die Politiker ohnehin nicht weiter auf die Pelle rücken, nachdem diese den Apothekern schon Kompetenzen abgeben mussten.
Im Juli könnten weitere Details zu den Plänen bekannt werden. Anfang 2017 sollen die Neuregelungen in Kraft treten. Laut EDI könnten mehrere Millionen Franken pro Jahr eingespart werden. Das grundsätzliche Problem im oberen Preisbereich bleibt ungelöst: Laut Krankenkasse Helsana machen 1,5 Prozent der Arzneimittelbezüge mittlerweile 20 Prozent der Kosten aus.
Nicht im Fokus stehen übrigens die Generikapreise der Generika, die in der Schweiz durchschnittlich deutlich höher sind als im Ausland. „Dazu erarbeitet das EDI aktuell im Auftrag des Bundesrates ein Referenzpreissystem.“
In der Schweiz gibt es rund 1750 Apotheken, von denen 530 einer Kette und 760 einer Kooperation angehören. Der Durchschnittsumsatz lag 2009 bei 2,9 Millionen Franken. Insgesamt ist der Medikamentenmarkt rund 5 Milliarden Franken schwer. Die Selbstdispensation ist in 15 Kantonen uneingeschränkt möglich, in einigen Kantonen herrschen aber Mischverhältnisse.Detail
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