Schweden

Großhändler boykottiert Apothekenkette

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Berlin -

Machtspiele in Schweden: Der finnische Pharmahändler Oriola hat 150 Apotheken der schwedischen Kette Hjärtat einen Tag lang nicht beliefert – weil eine Rechnung einen Tag zu spät beglichen worden war. Besonders brisant: Oriola gehört die Konkurrenz-Apothekenkette Kronans Droghandel (KD); Hjärtat wiederum will selbst ins Großhandelsgeschäft.

Ende September hatte Hjärtat nach Angaben eines Sprechers eine Rechnung über rund 100 Millionen Schwedische Kronen erhalten, umgerechnet 11 Millionen Euro. Diese sei aber erst sechs Tage vor dem Fälligkeitsdatum – dem 30. September – angekommen. Üblich sei aber eine Zahlungsfrist von 30 Tagen, betont der Hjärtat-Sprecher. Die Apothekenkette habe die Rechnung bezahlt, aber einen Tag zu spät.

Am 1. Oktober seien etwa 150 Hjärtat-Apotheken nicht von Oriola beliefert worden. „Wir waren sehr verärgert. Patienten haben ihre Arzneimittel nicht bekommen“, sagt der Hjärtat-Sprecher. Oriola habe die Belieferung zwar schon am nächsten Tag – nach Zahlungseingang – wieder aufgenommen. „Aber ein Tag ist genug“, so der Sprecher. „Aus unserer Sicht verstößt der Lieferstopp gegen das Gesetz.“

Oriola argumentiert, keine andere Wahl gehabt zu haben. Es sei nicht das erste Mal gewesen, dass Hjärtat die Rechnung zu spät beglichen habe. Man habe ein Kreditrisiko gesehen.

Das kann der Sprecher der Apothekenkette nicht nachvollziehen: Man habe die Zahlungsvorgänge der Vergangenheit geprüft und keine Unregelmäßigkeiten entdeckt. Auch ein Bonitätsproblem sieht er nicht: „Wir setzen jährlich fast eine Milliarde Kronen um – es ist nicht so, dass wir Probleme hätten.“

Hjärtat hat eine Beschwerde bei der Arzneimittelbehörde eingereicht. Dort wird der Lieferstopp derzeit geprüft. Bei Oriola betont man, mit Hjärtat zusammenarbeiten zu wollen, damit es nicht erneut zu Versorgungsengpässen komme. Das wichtigste sei aber, dass Hjärtat darüber nachdenke, wie die Rechnungen pünktlich gezahlt werden könnten.

Hjärtat steht vor dem Problem, eine ganze Reihe von wichtigen Medikamenten bei Oriola bestellen zu müssen: In Schweden gibt es bislang nur zwei Großhändler: Oriola und die Phoenix-Tochter Tamro. Die Unternehmen vertreiben jeweils exklusiv die kompletten Sortimente bestimmter Hersteller (Einkanal-Vertrieb).

Nachdem der Apothekenmarkt vier Jahre nach der Liberalisierung komplett verteilt ist – Hjärtat, KD und der Staatsbetrieb Apoteket teilen sich mehr als 80 Prozent des Marktes –, geht es nun um die Neuordnung im Großhandel.

Seit zwei Jahren lassen sich Hjärtat und Apoteket das komplette Freiwahl- und OTC-Sortiment über die Transportunternehmen Green Cargo beziehungsweise DB Schenker ausliefern. Oriola hatte entsprechende Liefervereinbarungen mit kleineren Ketten getroffen.

Dass Tamro auf den Aufbau einer eigenen Apothekenkette verzichtet hat, brachte bislang keine Punkte.

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